Die Bekämpfung der sogenannten Clankriminalität ist seit Jahren ein Schwerpunkt der deutschen Sicherheitsbehörden. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) am 30.10.2024 berichtete, zeigt der verstärkte Fokus auf diese Form der Kriminalität, insbesondere in Nordrhein-Westfalen unter Innenminister Herbert Reul (CDU), offenbar Wirkung. Das Bundeskriminalamt (BKA) verzeichnete im Bundeslagebild Organisierte Kriminalität einen Rückgang der Ermittlungsverfahren mit Clanbezug. Gleichzeitig blieb die Gesamtzahl der OK-Verfahren nahezu konstant, was darauf hindeutet, dass kriminelle Clans ihre Aktivitäten möglicherweise in andere Bundesländer verlagern.
Der Begriff „Clan“ selbst ist umstritten. Während die Polizei Clans oft als „ethnisch abgeschottete Subkulturen“ definiert, kritisieren Experten wie Mahmoud Jaraba von der Universität Erlangen-Nürnberg diese Definition. Wie die Deutsche Welle (DW) am 26.06.2024 berichtete, betont Jaraba, dass Großfamilien keine homogenen Gruppen seien und die Mehrheit der Angehörigen Kriminalität ablehne. Er warnt davor, den Begriff „Clan“ unkritisch zu verwenden und Angehörige von Großfamilien unter Generalverdacht zu stellen. Jaraba plädiert stattdessen für den Begriff „familienbasierte Kriminalität“ und betont, dass kriminelle Aktivitäten meist von einzelnen Kernfamilien organisiert werden.
Die Strategien der Polizei im Kampf gegen Clankriminalität, wie beispielsweise die „Politik der 1000 Nadelstiche“ mit regelmäßigen Razzien in Shisha-Bars und Barber-Shops, werden kontrovers diskutiert. Kritiker:innen wie die Kriminologin Daniela Hunold von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, bezweifeln die Effektivität dieser Maßnahmen und sehen darin eine problematische Fokussierung auf Ethnien. Wie die Frankfurter Rundschau (FR) am 15.08.2023 analysierte, wird in der Debatte um „Clankriminalität“ oft mit emotionaler Rhetorik und gefühlten Wahrheiten operiert, statt sich auf Fakten zu stützen. Die FR weist darauf hin, dass der Anteil der durch Clans begangenen Straftaten an der Gesamtkriminalität statistisch gering ist.
Der Migrationsforscher Ralph Ghadban sieht in der Multikulti-Ideologie einen mitverantwortlichen Faktor für das Erstarken der Clans. Wie die B.Z. am 30.10.2024 berichtete, kritisiert Ghadban, dass die Verbindung von Kultur, Ethnie und Religion mit Straftaten lange Zeit tabuisiert wurde. Er fordert unter anderem eine Einschränkung der Familienzusammenführung und ein stärkeres Vorgehen gegen Zwangsehen.
Das Bundesministerium des Innern (BMI) berichtete am 21.09.2022 über eine Rekordzahl an Ermittlungsverfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität insgesamt. Innenministerin Nancy Faeser betonte die Notwendigkeit, kriminelle Strukturen nachhaltig zu zerschlagen und kriminelle Einnahmen konsequent abzuschöpfen. Das BMI veröffentlichte dazu auch ein Bundeslagebild Organisierte Kriminalität.
Das Bundeskriminalamt (BKA) definiert Organisierte Kriminalität allgemein als planmäßige Begehung von Straftaten von erheblicher Bedeutung durch mehr als zwei Beteiligte, die arbeitsteilig unter Verwendung bestimmter Strukturen und Mittel zusammenwirken. Das BKA unterscheidet verschiedene Formen der Organisierten Kriminalität, darunter die Italienische Organisierte Kriminalität (IOK) und die Russisch-Eurasische Organisierte Kriminalität (REOK). Spezifisch zu Clankriminalität führt das BKA aus, dass diese durch ein gemeinsames Abstammungsverständnis der Täter gekennzeichnet ist.
Der Verfassungsblog kritisierte am 11.08.2023 den Begriff „Clankriminalität“ als Kampfbegriff und hinterfragte die Definitionen von Polizei und Justiz. Der Blog bezeichnete die Ersetzung des Begriffs „ethnische Herkunft“ durch „Abstammungsverständnis“ als Etikettenschwindel und bemängelte die fehlende Methodik zur Feststellung des „Abstammungsverständnisses“.
Der Spiegel berichtete am 29.10.2023 über die wachsende Macht krimineller Großfamilien und das Versagen des Staates im Kampf gegen Clans. Der Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte der Clankriminalität, wie Drogenhandel, Erpressung und Sozialleistungsbetrug.
Quellen: