16.12.2024
Demografischer Wandel und Politik Der Einfluss älterer Generationen

Der Einfluss des demografischen Wandels auf politische Entscheidungen

Die zunehmende Alterung der Bevölkerung und der damit verbundene wachsende Einfluss älterer Generationen auf politische Prozesse stehen im Mittelpunkt der Diskussion um die sogenannte „Herrschaft der Alten“. Rainer Hank beschreibt in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) vom 16.12.2024 die Debatte um eine mögliche Einschränkung des Wahlrechts angesichts des steigenden Anteils von Rentnern unter den Wahlberechtigten. Er berichtet von der These, dass ältere Menschen aufgrund ihrer verkürzten Lebenserwartung weniger Interesse am langfristigen Wohl der Gesellschaft und des Planeten hätten. Diese These, so Hank, spiegele die von Hans Blumenberg beschriebene menschliche Kränkung wider, die sich aus dem Konflikt zwischen endlicher Lebenszeit und unendlicher Weltzeit ergibt.

Auch die Literatur greift das Thema auf. Alfred Bekkers dystopischer Roman „Herrschaft der Alten“ (edition zweihorn, 2011) entwirft ein düsteres Bild Deutschlands im Jahr 2100. Wie auf der Webseite des Autors (www.alfredbekker.de) beschrieben, leben Jugendliche in einer von den Bedürfnissen der älteren Generation dominierten Gesellschaft. Schulen sind abgeschafft, Reisefreiheit gibt es erst ab 75. Der Protagonist Benn plant mit seinen Freunden die Flucht aus diesem System.

Der Begriff „Gerontokratie“, abgeleitet vom griechischen „gerōn“ (Greis) und „krátos“ (Herrschaft), bezeichnet die Herrschaft der Alten. Der Wikipedia-Artikel zu Gerontokratie verweist auf historische Beispiele gerontokratischer Strukturen, wie den Ältestenrat in Sparta. Auch die Sowjetunion der 1980er Jahre wurde aufgrund des hohen Alters ihrer politischen Führung als Gerontokratie bezeichnet. In Deutschland wurde die Debatte um die „Rentnerdemokratie“ 2008 durch Roman Herzog angestoßen.

Die „Elderly Power Hypothesis“ besagt, dass die ältere Bevölkerung ihre wachsende Wählermacht nutzt, um politische Entscheidungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Studien, wie die von Bonoli und Häußermann (2010) in der Schweiz, legen nahe, dass ältere Wählergruppen beispielsweise Investitionen in Bildung eher ablehnen. Emanuel Richter argumentiert in seinem Buch „Seniorendemokratie“ (Suhrkamp, 2020), dass die Belange der Senioren zunehmend in den Fokus der politischen Gestaltung rücken.

Die Diskussion über eine mögliche Wahlrechtsreform wird kontrovers geführt. Während CDU und AfD das Wahlrecht ab 18 Jahren befürworten, sprechen sich andere Parteien wie Grüne, Linke, SPD und FDP für eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre aus. Auch die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen fordert ein Wahlrecht ohne Altersbegrenzung. Kritiker der Debatte, wie die Soziologin Silke van Dyk, wenden ein, dass die Diskussion um die Gerontokratie von den sozialen Ungleichheiten innerhalb der Generationen ablenke.

Auch die Struktur der katholischen Kirche wird häufig als gerontokratisch beschrieben. Der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2013 und die Wahl seines Nachfolgers Franziskus haben diese Debatte neu entfacht.

Quellen:

  • Hank, Rainer: Die Herrschaft der Alten. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.12.2024.
  • Bekker, Alfred: Herrschaft der Alten. edition zweihorn, 2011. (Informationen von der Webseite des Autors: www.alfredbekker.de)
  • Wikipedia: Gerontokratie. (https://de.wikipedia.org/wiki/Gerontokratie)
  • Richter, Emanuel: Seniorendemokratie: Die Überalterung der Gesellschaft und ihre Folgen für die Politik. Suhrkamp, 2020.
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