19.10.2024
Dortmund müht sich zu Heimsieg gegen St Pauli

Knapper BVB-Erfolg: Dortmund diskutiert über Sahins „Prozess“

Gegen St. Pauli zeigt sich die Borussia erneut weitgehend ideenlos und gewinnt nur dank individueller Klasse. Trainer Nuri Sahin muss sich kritische Fragen zu Aufstellung und Taktik seiner Mannschaft gefallen lassen.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Zwanzig Minuten nach dem Abpfiff legten sie im Stadion-Biergarten „Strobels“ die Rockhymne „Hells Bells“ auf. Es war ein kleiner Gruß an die Gästefans vom FC St. Pauli, die Dortmunder und Hamburger Anhänger sympathisieren füreinander, und wiegten einträchtig und wortkarg im schleppenden Rhythmus von AC/DC mit. Und während hundert Meter weiter Spieler und Trainer des BVB mühsam den 2:1-Sieg des Champions-League-Finalisten gegen den Wieder-Aufsteiger von der Reeperbahn beschönigten, trösteten sich die schwarz-gelben Fans beim Bier mit der Tatsache, dass sie die Höllen-Glocken nur von Weitem gehört hatten – aber der Gegner auf dem Platz glücklicherweise nicht die Wucht seines Millerntor-Songs hatte.

„Es war ein dreckiger Sieg“, gab BVB-Kapitän Emre Can zu. „Aber wir haben gewonnen, und das zählt.“ Tatsächlich hatte die Leistung der Borussia wenig mit dem souveränen Auftritt zu tun, den die Mannschaft zuletzt beim 4:1-Sieg gegen Paris Saint-Germain in der Champions League gezeigt hatte. Gegen tief stehende Hamburger taten sich die Dortmunder schwer, Lösungen im Spiel nach vorne zu finden. „Uns hat die Kreativität gefehlt“, analysierte Trainer Nuri Sahin. „Wir haben den Ball zu langsam laufen lassen und uns zu wenig bewegt.“

Besonders im Mittelfeld fehlte es der Borussia an Durchschlagskraft. Die Hereinnahme von Marcel Sabitzer für den verletzten Felix Nmecha zur zweiten Halbzeit brachte zwar etwas mehr Stabilität, konnte die spielerischen Mängel aber auch nicht beheben. „Wir müssen schneller umschalten und unsere Chancen konsequenter nutzen“, forderte Sportdirektor Sebastian Kehl. „Sonst wird es auch in den nächsten Wochen schwer, konstant zu punkten.“

Tatsächlich steht der BVB trotz des Heimsieges gegen St. Pauli bereits früh in der Saison unter Druck. Nach der durchwachsenen Vorsaison hatten sich die Verantwortlichen viel vorgenommen, wollten mit attraktivem und erfolgreichem Fußball die Fans zurückgewinnen. Doch noch wirkt die Handschrift von Trainer Sahin nicht so recht erkennbar. „Wir sind noch in einem Prozess“, bittet der 35-Jährige um Geduld. „Aber natürlich müssen wir jetzt auch liefern.“

Ob Sahin die Zeit bekommt, seine Ideen zu verwirklichen, hängt auch von den kommenden Wochen ab. Das Restprogramm im Oktober hat es in sich: Nach dem Auswärtsspiel in Köln wartet mit dem FC Bayern der nächste Hochkaräter, ehe es in der Champions League gegen Manchester City geht. Spätestens dann wird sich zeigen, ob der BVB auf dem richtigen Weg ist – oder ob Sahins „Prozess“ ins Stocken gerät.

Quelle: https://www.sueddeutsche.de/sport/borussia-dortmund-st-pauli-bundesliga-lux.PjUYgvQP6yvX7k8yEejmWY

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