19.10.2024
EU-Diplomatie unter Druck: Sanktionen gegen Israel im Fokus

Nahost-Konflikt: EU-Chefdiplomat legt Vorschlag für Israel-Sanktionen vor

Im Kontext des anhaltenden Nahost-Konflikts hat der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell einen Vorschlag für Sanktionen gegen zwei hochrangige israelische Regierungsmitglieder, Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, unterbreitet. Diese Initiative erfolgt kurz vor einem geplanten Außenministertreffen der EU in Brüssel und hat bereits weltweite Aufmerksamkeit erregt.

Die Äußerungen von Smotrich und Ben-Gvir, die in den letzten Wochen für Empörung gesorgt haben, stehen im Zentrum der Diskussion. Beide Politiker sind Mitglieder einer rechtsextremen Koalition unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und haben sich wiederholt negativ über die palästinensische Bevölkerung geäußert. Insbesondere Ben-Gvir hat gefordert, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu stoppen, um die dortige Hamas zur Kapitulation zu bewegen. Smotrich hingegen hat eine Blockade von Hilfsgütern als moralisch gerechtfertigt bezeichnet, selbst wenn dies zu einer humanitären Katastrophe für die zwei Millionen Menschen im Gazastreifen führen könnte.

Die Hamas hält nach israelischen Angaben derzeit 107 Geiseln in ihrer Gewalt, wobei ein erheblicher Teil als tot gilt. Der beispiellose Terroranschlag am 7. Oktober 2023, bei dem über 250 Menschen aus Israel entführt wurden, hat zu einer massiven militärischen Reaktion Israels geführt, die nach palästinensischen Berichten bereits mehr als 40.000 Todesopfer gefordert hat.

Borrells Vorschlag zur Sanktionierung der beiden Minister basiert auf Vorwürfen der Aufstachelung zu Hass und Menschenrechtsverletzungen. Im Rahmen dieser Sanktionen könnten Vermögenswerte der beiden Politiker in der EU eingefroren werden, und ihnen könnte die Einreise in die EU verwehrt werden. Die Umsetzung dieses Vorschlags bleibt jedoch ungewiss, da Sanktionsbeschlüsse innerhalb der EU einstimmig gefasst werden müssen. Länder wie Deutschland, Tschechien und Ungarn haben sich bislang skeptisch gegenüber Sanktionen gegen Israel geäußert.

In Brüssel wird argumentiert, dass Sanktionen kontraproduktiv sein könnten, da sie die Bemühungen um eine Deeskalation des Konflikts gefährden würden. Die EU hat bisher nur Sanktionen gegen einige radikale israelische Siedler und deren Strukturen verhängt.

Israels Außenminister Israel Katz hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet und betont, dass man mit europäischen Verbündeten zusammenarbeite, um „israelfeindliche Entscheidungen“ zu verhindern. Katz argumentiert, dass angesichts der Bedrohungen durch den Iran und dessen unterstützende Terrororganisationen die freie Welt an der Seite Israels stehen müsse.

Der Druck auf die EU, ihre Haltung gegenüber Israel zu überdenken, wächst. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International haben vor dem Außenministertreffen scharfe Sanktionen gefordert, insbesondere aufgrund der israelischen Siedlungspolitik. In einem Brief an die EU-Teilnehmer fordert Amnesty ein umfassendes Waffenembargo und ein Verbot von Investitionen in bestimmte israelische Unternehmen und Banken. Zudem wird ein Handelsverbot für Produkte aus israelischen Siedlungen in besetzten Gebieten gefordert.

Die Forderungen von Amnesty stützen sich auf ein im Juli veröffentlichtes Gutachten des Internationalen Gerichtshofs, das die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete als illegal einstuft und deren sofortige Beendigung fordert. Israel eroberte das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem im Sechstagekrieg 1967 und beansprucht diese Gebiete weiterhin, während die Palästinenser sie für einen eigenen Staat beanspruchen.

Die Situation im Gazastreifen hat sich nach dem Hamas-Angriff im Oktober 2023 weiter verschärft, was zu einem Anstieg der Spannungen in der gesamten Region geführt hat. Die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen mit großer Besorgnis, da die humanitäre Lage im Gazastreifen kritisch bleibt und die Möglichkeit eines weiteren Eskalationszyklus besteht.

Die kommenden Entscheidungen der EU könnten entscheidend für die zukünftige Beziehung zwischen Europa und Israel sowie für die Stabilität im Nahen Osten sein.

Quellen: dpa, Zeit Online, FAZ, Handelsblatt

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