6.12.2024
EU-Mercosur Abkommen: Chancen und Risiken einer neuen Handelsära

EU und Mercosur kurz vor Abschluss eines Freihandelsabkommens

Nach fast 25 Jahren Verhandlungen nähern sich die Europäische Union und der Mercosur, der südamerikanische Handelsblock, dem Abschluss eines umfassenden Freihandelsabkommens. Wie die Zeit berichtet, soll die Vereinbarung auf einem Mercosur-Gipfel in Montevideo, Uruguay, von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den Staatschefs Brasiliens, Argentiniens, Uruguays und Paraguays offiziell bekannt gegeben werden. Das Abkommen würde eine der weltweit größten Freihandelszonen mit über 700 Millionen Menschen schaffen. Die EU verspricht sich von dem Abkommen neue Wachstumschancen für europäische Unternehmen durch einen verbesserten Zugang zu den Mercosur-Märkten. Derzeit beeinträchtigen hohe Zölle die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Importe. Beispielsweise liegen die Zölle auf Autos bei 35 Prozent, auf Maschinen bei 14 bis 20 Prozent und auf Chemikalien bei bis zu 18 Prozent. Diese Zölle sollen stufenweise abgebaut werden, was laut Zeit jährliche Einsparungen von mehreren Milliarden Euro ermöglichen könnte. Der Mercosur ist für die EU aufgrund seiner Größe und seines wirtschaftlichen Potenzials attraktiv. Die vier Mercosur-Länder bilden die fünftgrößte Wirtschaftsregion der Welt mit einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von 2,2 Billionen Euro und über 260 Millionen Einwohnern. Das Handelsvolumen zwischen der EU und dem Mercosur lag im vergangenen Jahr bei über 100 Milliarden Euro. Die EU schätzt, dass rund 60.500 europäische Unternehmen von dem Abkommen profitieren könnten. Verbraucher könnten durch die Handelsliberalisierung von niedrigeren Preisen für importierte Produkte aus den Mercosur-Staaten profitieren, darunter Fleisch, Obst, Soja, Kaffee und Zucker. Um die EU-Landwirtschaft zu schützen, sollen jedoch für bestimmte Agrarprodukte die Märkte nicht vollständig geöffnet und Zollerleichterungen nur für begrenzte Mengen gewährt werden. Umweltschützer kritisieren das Abkommen. Sie befürchten, dass die gestiegenen Absatzmöglichkeiten für landwirtschaftliche Produkte die Umweltzerstörung, insbesondere im Amazonas-Regenwald, beschleunigen könnten. Greenpeace prognostiziert laut der Schwäbischen Zeitung einen Anstieg der Abholzungsraten in der Mercosur-Region um fünf Prozent pro Jahr in den kommenden sechs Jahren aufgrund höherer Rindfleischimporte. Auch sinkende Zölle auf Pestizide und Kunststoffe könnten die Umweltbelastung in Südamerika erhöhen. Auch europäische Landwirte äußern Bedenken. Sie befürchten Nachteile im Wettbewerb mit den südamerikanischen Großbauern. Die im Mercosur übliche Produktion in größerem Maßstab führt zu Kostenvorteilen. Zusätzlich beklagen europäische Bauern strengere Umwelt- und Lebensmittelsicherheitsstandards im Vergleich zu ihren südamerikanischen Konkurrenten, wie der Tagesspiegel berichtet. Die EU und die Bundesregierung weisen die Kritik weitgehend zurück und betonen die gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Abkommens. Das Bundeswirtschaftsministerium betont, dass alle Importe weiterhin die EU-Vorschriften einhalten müssen, wie beispielsweise Höchstwerte für Pestizidrückstände. Das Abkommen ist für die EU auch geopolitisch relevant. Angesichts protektionistischer Tendenzen in den USA und dem wachsenden Einfluss Chinas in Lateinamerika will die EU ihre Wirtschaftsbeziehungen diversifizieren. China ist bereits für mehrere Länder in der Region der wichtigste Handelspartner. Trotz des Widerstands aus Frankreich könnte das Abkommen in Kraft treten. Die EU-Kommission könnte versuchen, den politischen Teil vom Handelsteil zu trennen, wodurch der Handelsteil mit Mehrheitsbeschluss im Rat der EU-Staaten angenommen werden könnte. Nach der juristischen Prüfung und Übersetzung des Abkommenstextes wird eine formelle Unterzeichnung voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2025 erfolgen. Quellen: - Zeit Online: https://www.zeit.de/news/2024-12/06/eu-und-mercosur-wollen-weg-fuer-riesige-freihandelszone-ebnen - Mindener Tageblatt: https://www.mt.de/weltnews/wirtschaft/wirtschaft-ueberblick/EU-und-Mercosur-wollen-Weg-fuer-riesige-Freihandelszone-ebnen-23997357.html - RP Online: https://rp-online.de/wirtschaft/eu-und-mercosur-wollen-weg-fuer-riesige-freihandelszone-ebnen_bid-121831939 - Schwäbische Zeitung: https://www.schwaebische.de/wirtschaft/freihandelsabkommen-zwischen-eu-und-mercosur-auf-zielgeraden-3137767 - Tagesschau: https://www.tagesschau.de/ausland/eu-mercosur-abkommen-104.html - Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/trotzt-heftiger-proteste-freihandelsabkommen-zwischen-eu-und-mercosur-auf-zielgeraden-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-241205-930-308754 - Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/archiv/2024/12/06 - Mindener Tageblatt: https://www.mt.de/weltnews/nachrichten/nachrichten-aktuell/Alles-auf-Anfang-das-Diskontinuitaetsprinzip-23996855.html
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