19.10.2024
Achtzig Jahre danach: Gedenken und Mahnung am Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma
Am 2. August 2024 jährt sich der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma zum 80. Mal. Dieser Tag erinnert an die Ermordung der letzten 4.300 Sinti und Roma im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944. Die Gedenkveranstaltung in Auschwitz-Birkenau wurde vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und dem Verband der Roma in Polen in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau organisiert. Die Veranstaltung begann mit einer bewegenden Rede von Alma Klasing, einer Überlebenden des Holocaust, die nahe Angehörige in Auschwitz verloren hat. Sie betonte die Bedeutung der Demokratie und warnte die Jugend vor den Gefahren des Rechtsextremismus. Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, erinnerte an das Vermächtnis der Ermordeten und forderte die Verteidigung der Menschenwürde und der Menschenrechte. Zu den Rednern zählte auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, die erstmals in ihrer Funktion an einer solchen Veranstaltung teilnahm. Sie betonte die historische Verantwortung Deutschlands und würdigte das Engagement der Sinti und Roma gegen das Vergessen der Verbrechen. Die Überlebenden und ihre Nachkommen hätten das Schweigen gebrochen und die Gesellschaft mit den Verbrechen konfrontiert. Antonio Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, verurteilte den weiterhin bestehenden Antiziganismus in Europa. Der Vorsitzende der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel, Dani Dayan, drückte seine Solidarität mit den ermordeten Sinti und Roma aus und betonte die Bedeutung des Gedenkens. Der 2. August wurde 2015 vom Europäischen Parlament zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma erklärt. An diesem Tag wird an die etwa 500.000 Sinti und Roma erinnert, die im nationalsozialistisch besetzten Europa ermordet wurden. Die meisten der mehr als 20.000 in Auschwitz inhaftierten Sinti und Roma starben bereits zuvor an den menschenunwürdigen Lebensbedingungen im Lager. Die Gedenkveranstaltung in Auschwitz-Birkenau wurde live über die Website gestreamt und ist dort dauerhaft verfügbar. Neben Angehörigen der Minderheit nahmen auch Repräsentanten des polnischen Staates und anderer internationaler Institutionen und Organisationen teil. Botschafter verschiedener Länder und weitere diplomatische Vertreter waren ebenfalls anwesend. Die Deutsche Bischofskonferenz bereitete gemeinsam mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ein wissenschaftliches Symposium vor, das sich mit dem Verhältnis der katholischen Kirche in Deutschland zu den Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit beschäftigte. Weihbischof Dr. Matthias Heinrich, der als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz einen Kranz niederlegte, betonte die Notwendigkeit der Solidarität mit den Überlebenden und ihren Nachkommen angesichts des wiederaufkommenden Antiziganismus und Rassismus. In den Reden wurde immer wieder auf die historische Verantwortung und die Notwendigkeit der Erinnerung hingewiesen. Die Jahrzehnte lange Nichtbeachtung der systematischen Verfolgung und des Genozids an Sinti und Roma nach 1945 gründet in einem fortbestehenden Antiziganismus. Die Gedenkveranstaltung sollte nicht nur der Opfer gedenken, sondern auch ein Zeichen der Hoffnung und Ermutigung sein, dass jahrhundertealte Diskriminierung überwunden werden kann. Die Veranstaltung wurde von einem umfangreichen Programm begleitet, das politische, kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen in Krakau und Oświęcim umfasste. Es wurde auch auf die zunehmende Verbreitung von antiziganistischen Stereotypen und die damit einhergehende Diskriminierung und Gewalt hingewiesen. Die Staaten der Welt wurden aufgerufen, dem Vermächtnis von Auschwitz gerecht zu werden und diesen Entwicklungen entschieden entgegenzutreten. Die Melde- und Informationsstellen Antiziganismus dokumentierten in ihrem Jahresbericht eine deutliche Zunahme antiziganistischer Vorfälle. Vertreter der EKHN und Diakonie Hessen nahmen ebenfalls an der Gedenkveranstaltung teil und sind Mitglied im Netzwerk Sinti, Roma, Kirchen. Die Veranstaltung wurde live gestreamt, und das Video ist dauerhaft mit einem breiten Informationsangebot zum Holocaust an der Minderheit verfügbar. Dies ermöglicht es, die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten und die Öffentlichkeit über die Geschichte und die aktuellen Herausforderungen der Sinti und Roma zu informieren. Die Gedenkveranstaltung war ein wichtiger Schritt, um das Bewusstsein für den Holocaust an den Sinti und Roma zu schärfen und die fortbestehende Diskriminierung zu bekämpfen. Es bleibt jedoch noch viel zu tun, um die historische Verantwortung anzuerkennen und gegen den aktuellen Antiziganismus vorzugehen. Die Veranstaltung in Auschwitz-Birkenau war ein starkes Zeichen der Solidarität und des Erinnerns, das hoffentlich dazu beiträgt, eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft zu schaffen.
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