19.10.2024
Facetten der Gesichtserkennung: Chancen und Herausforderungen für die Polizeiarbeit in Bayern
Künstliche Intelligenz: Herrmann will Fahndung mit biometrischer Gesichtserkennung

Künstliche Intelligenz: Herrmann will Fahndung mit biometrischer Gesichtserkennung

München - Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat den Plan vorgestellt, die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) zur biometrischen Gesichtserkennung in der Polizeiarbeit zu erweitern. In einer Zeit, in der technologische Fortschritte viele Lebensbereiche beeinflussen, sieht Herrmann in der Gesichtserkennung ein wichtiges Werkzeug zur Bekämpfung von Kriminalität. Der Minister betont, dass die Polizei dringend mehr Befugnisse benötigt, um Straftäter effektiver verfolgen zu können.

Aktuell ist der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware in Bayern stark reguliert. Herrmann erklärte, dass die Polizei bereits bestehende Überwachungskameras an öffentlichen Orten, wie Bahnhöfen und Plätzen, nutzen möchte, um mithilfe von KI verdächtige Personen zu identifizieren. "In der biometrischen Gesichtserkennung steckt enormes Potenzial für die polizeiliche Arbeit", sagte Herrmann. Dies belegen auch die Auswertungen des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA), das im vergangenen Jahr über 4.600 Fälle mit Gesichtserkennungssoftware bearbeitet hat. In etwa 1.200 Fällen gab es Übereinstimmungen mit bereits bekannten Personen, was wertvolle Hinweise für die Ermittlungen lieferte.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Herausforderungen

Derzeit ist der Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie in der Polizei auf den Abgleich mit dem bundesweiten Fahndungsbestand beschränkt. Herrmann kritisiert, dass die bestehenden gesetzlichen Grundlagen nicht ausreichen, um eine Echtzeit-Gesichtserkennung zu ermöglichen. Er fordert eine Reform, um die rechtlichen Hürden abzubauen, die seiner Meinung nach die effektive Nutzung dieser Technologie behindern.

Die Opposition im bayerischen Landtag äußert jedoch Bedenken. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Horst Arnold, sieht in Herrmanns Vorstoß einen Versuch, von den aktuellen Problemen der Polizei abzulenken, insbesondere angesichts des Entkommens mehrerer Straftäter aus dem Maßregelvollzug in Straubing. Arnold betont, dass die Einführung einer Echtzeit-Gesichtserkennung aufgrund der damit verbundenen massiven Grundrechtseingriffe rechtlich und grundrechtlich äußerst schwierig sei.

Datenschutz und Privatsphäre

Die Diskussion um den Einsatz von KI in der Gesichtserkennung wirft auch Fragen zum Datenschutz auf. Der bayerische Datenschutzbeauftragte, Thomas Petri, äußert Bedenken, dass eine flächendeckende Live-Gesichtserkennung einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Bürger darstellen könnte. Kritiker befürchten, dass eine solche Maßnahme zu einer ständigen Überwachung in öffentlichen Räumen führen könnte, was die Privatsphäre der Menschen gefährdet.

Katharina Schulze, die Fraktionschefin der Grünen, betont, dass es wichtig sei, die richtige Balance zwischen Sicherheit und dem Schutz der Privatsphäre zu finden. Sie unterstützt den Einsatz neuer Technologien für die Sicherheitsbehörden, äußert jedoch Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf die individuelle Freiheit.

Rechtliche Rahmenbedingungen auf EU-Ebene

Herrmann verweist darauf, dass nach EU-Richtlinien der Einsatz von Echtzeit-Gesichtserkennung in bestimmten Fällen rechtlich zulässig sei, insbesondere zur Aufklärung schwerer Straftaten. Er kritisiert den Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums, der die Echtzeit-Gesichtserkennung im öffentlichen Raum vollständig ausschließe. "Übertriebener Datenschutz darf nicht dazu führen, Täter vor der Strafverfolgung zu schützen", so Herrmann.

Die Debatte um die Gesichtserkennungstechnologie ist Teil eines größeren Diskurses über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Strafverfolgung. Während Befürworter die Möglichkeiten zur Verbrechensbekämpfung hervorheben, warnen Kritiker vor den potenziellen Risiken für die Bürgerrechte.

Ausblick

Die Diskussion über den Einsatz von KI in der Gesichtserkennung wird voraussichtlich weitergehen, insbesondere angesichts der technologischen Entwicklungen und der damit verbundenen rechtlichen und ethischen Herausforderungen. Herrmanns Vorstoß könnte sowohl die Polizeiarbeit als auch die öffentliche Wahrnehmung von Sicherheit und Datenschutz nachhaltig beeinflussen.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie sich die rechtlichen Rahmenbedingungen entwickeln und ob eine Einigung zwischen den verschiedenen politischen Akteuren erzielt werden kann, um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Polizeiarbeit zu regeln.

Quellen: dpa, Münchner Merkur, Bayerischer Rundfunk

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