19.10.2024
Faber fordert Gleichstellung im Wehrdienst und kritisiert SPD Haltung

FDP-Politiker Marcus Faber plädiert für Geschlechtergleichheit beim Wehrdienst: Kritik an SPD für Umgang mit Pistorius

In einer aktuellen Debatte über die Reform des Wehrdienstes in Deutschland hat sich der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern ausgesprochen. Faber, der seit Juni 2024 Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag ist, betonte die Notwendigkeit, Geschlechterdiskriminierung zu vermeiden und gleiche Pflichten für alle Bürgerinnen und Bürger zu etablieren.

Hintergrund der Debatte

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte im Juni 2024 ein neues Konzept für die systematische Erfassung und Musterung junger Männer vorgestellt. Dieses Modell sieht unter anderem eine verpflichtende Erfassung und eine bedarfsorientierte Musterung vor. Die Idee, Frauen in diese Pflicht einzubeziehen, wurde jedoch nicht explizit thematisiert. Faber kritisierte diese Ungleichheit und forderte eine umfassende Diskussion über die Einbeziehung von Frauen.

Faber's Standpunkt

Faber machte deutlich, dass die Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Wehrdienst ein notwendiger Schritt sei, um geschlechtsspezifische Diskriminierung zu vermeiden. „Alle Maßnahmen, die wir hier ergreifen, wie zum Beispiel das verpflichtende Ausfüllen von Fragebögen, müssten für alle Geschlechter gelten. Im 21. Jahrhundert sollten wir auch beim Wehrdienst keine geschlechtliche Diskriminierung mehr zulassen“, erklärte Faber gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Kritik an Pistorius und die SPD

Kritik übte Faber auch an der SPD und Verteidigungsminister Pistorius. Er bemängelte, dass Pistorius die verpflichtenden Elemente seines Modells bis zur Unkenntlichkeit heruntergespielt habe. Zudem wies Faber darauf hin, dass Pistorius eine notwendige Verfassungsänderung zur Einbeziehung von Frauen derzeit ablehne, was in der Union und FDP auf Unverständnis stieß. „Da fragt man sich, ob sich der Minister und sein Generalinspekteur über diese für die Bundeswehr existenziellen Fragen noch nie miteinander unterhalten haben“, so Faber.

Reaktionen aus anderen Parteien

Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, zeigte sich offen für eine Diskussion über eine Grundgesetzänderung, um alle Geschlechter gleichermaßen in die Pflicht zu nehmen. „Eine moderne Bundeswehr braucht Menschen aller Geschlechter. Im Grundgesetz werden zurzeit nur Männer genannt, wenn es um die Wehrpflicht geht. Wie man damit umgeht, muss die Koalition jetzt intensiv beraten. Ich persönlich bin offen dafür, über eine Grundgesetzänderung nachzudenken, um im Spannungsfall alle Geschlechter gleichermaßen in die Pflicht zu nehmen“, sagte Nanni.

Auch der SPD-Verteidigungsexperte Andreas Schwarz äußerte sich positiv über die Idee, Frauen in die Wehrpflicht einzubeziehen. Im Zuge der Gleichbehandlung werde man gar nicht umhinkönnen, bei einer Wiedereinsetzung der Wehrpflicht Frauen einzubeziehen.

Einbindung von Frauen in die Bundeswehr

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, hatte in einem Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland gefordert, auch Frauen in die Pflicht zu nehmen. Breuer argumentierte, dass eine moderne Bundeswehr mehr Personal benötige und dass die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Wehrdienst ein notwendiger Schritt sei. „Wir haben im Moment eine ausgesetzte Wehrpflicht, die laut Grundgesetz allein auf die männliche Bevölkerung zielt. Hier sollte man Gleichberechtigung herstellen“, so Breuer.

Verteidigungsminister Pistorius hatte im Juni Pläne für ein neues Wehrdienstmodell vorgestellt, das aus einem Grundwehrdienst von mindestens sechs Monaten besteht. Dazu soll eine verpflichtende Erfassung eingeführt werden, in der junge Männer ihre Bereitschaft zum Wehrdienst kundtun könnten. Junge Frauen könnten dies auch tun, müssten aber nicht einmal antworten. Pistorius hatte zugleich deutlich gemacht, dass er eine Grundgesetzänderung zur Einbeziehung von Frauen nach der Bundestagswahl im Herbst 2025 für angebracht hält.

Historische Perspektive der Wehrpflicht

Die Wehrpflicht wurde 2011 in Deutschland unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach 55 Jahren ausgesetzt. Dies kam einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich. Seitdem gab es immer wieder Diskussionen über eine mögliche Wiedereinführung, insbesondere angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage in Europa.

Artikel 12a Absatz eins des Grundgesetzes lautet: „Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.“ Für Frauen gilt das demnach nicht. Sie durften auch freiwillig fast 50 Jahre lang nur im Sanitätsdienst und im Musikkorps tätig sein. Der Europäische Gerichtshof kippte dieses Verbot mit dem Hinweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Seit 2001 sind Frauen damit auch militärische Laufbahnen zugänglich.

Die Zukunft des Wehrdienstes in Deutschland

Die Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Einbeziehung von Frauen wird in den kommenden Monaten und Jahren sicherlich weitergeführt werden. Die politischen Parteien sind sich einig, dass eine moderne Bundeswehr Menschen aller Geschlechter braucht. Die Frage, wie dies konkret umgesetzt werden kann, bleibt jedoch offen und bedarf weiterer Diskussionen und rechtlicher Anpassungen.

Faber's Forderung nach Geschlechtergleichheit im Wehrdienst ist ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Debatte und zeigt die Notwendigkeit, alte Strukturen zu überdenken und an die heutigen gesellschaftlichen Realitäten anzupassen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion entwickelt und welche konkreten Schritte in Richtung einer gleichberechtigten Wehrpflicht unternommen werden.

Insgesamt zeigt die Debatte um die Wehrdienstreform, wie wichtig es ist, gesellschaftliche und politische Veränderungen zu berücksichtigen und bestehende Gesetze und Regelungen entsprechend anzupassen. Die Einbeziehung von Frauen in den Wehrdienst könnte ein wichtiger Schritt in Richtung einer modernen und gleichberechtigten Bundeswehr sein.

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