Vor fünf Jahren informierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) über eine „virale Lungenkrankheit unbekannter Ursache“ in Wuhan, China – den Beginn der COVID-19-Pandemie. Wie die Zeit berichtet, wurden erste Fälle rückwirkend sogar auf November 2019 datiert. Wo stehen wir heute, fünf Jahre später? Müssen wir uns weiterhin Sorgen machen?
Der Virologe Christian Drosten betont laut dpa, dass COVID-19 weiterhin keine gewöhnliche Erkältung sei. Viele Infizierte erleiden nach wie vor schwere Krankheitsverläufe. Die Sterblichkeit ist jedoch dank der durch Impfungen und Infektionen erworbenen Immunität deutlich gesunken und mittlerweile mit der Influenza vergleichbar. Das Robert Koch-Institut (RKI) bestätigt einen Rückgang schwerer Verläufe im Vergleich zu den Jahren 2020 und 2021. Carsten Watzl von der TU Dortmund weist darauf hin, dass vor allem immungeschwächte Personen, beispielsweise aufgrund von Vorerkrankungen oder Organtransplantationen, weiterhin ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe haben.
Viele Menschen testen bei Erkältungssymptomen weiterhin auf Corona, während die Grippe weniger Besorgnis auslöst. Watzl erklärt dies mit dem Neuheitsfaktor von COVID-19 und der häufigen Verwechslung einer echten Grippe mit einem grippalen Infekt. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt weiterhin jährliche Auffrischungsimpfungen für Menschen ab 60 Jahren und Personen mit Vorerkrankungen. Drosten unterstreicht den Ermessensspielraum der Hausärzte bei Impfentscheidungen für jüngere Personen und merkt an, dass auch scheinbar harmlose Diagnosen eine Impfung rechtfertigen können.
Die Impfstoffe werden regelmäßig an neue Virusvarianten angepasst, die bei SARS-CoV-2 weiterhin häufiger auftreten als bei anderen Coronaviren. Watzl vergleicht das Virus mit einem „evolutionären Baby“, das seine optimale Anpassung an den menschlichen Wirt noch nicht gefunden hat. Drosten hält es für möglich, dass sich der Erreger in den kommenden Jahren oder Jahrzehnten stabilisiert. Eine Variante mit deutlich schwereren Verläufen und höherem Sterberisiko hält er aufgrund der bestehenden Bevölkerungsimmunität für unwahrscheinlich.
Das Risiko für Long COVID ist bei den Omikron-Varianten geringer als bei den ursprünglichen Virusvarianten. Impfungen und überstandene Infektionen reduzieren das Risiko zusätzlich. Langzeitfolgen sind auch nach anderen Viruserkrankungen möglich, beispielsweise eine „Long Flu“ nach einer Grippeinfektion. Drosten verweist auf eine Studie, die besagt, dass etwa sechs Prozent der symptomatischen COVID-19-Infizierten Long COVID entwickeln. Die Behandlung von Long COVID gestaltet sich aufgrund der vielfältigen Symptomatik schwierig. Es gibt keine Standardtherapie, jedoch spezialisierte Ambulanzen und Rehabilitationseinrichtungen.
Die Zahl der Atemwegserkrankungen ist seit Beginn der Pandemie gestiegen. Watzl geht davon aus, dass wir uns in den Herbst- und Wintermonaten auf höhere Erkältungszahlen einstellen müssen. Die Pandemie hatte auch Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. Während der Lockdowns nahm die Nutzung digitaler Medien stark zu. Eine Studie zeigt, dass fast ein Viertel der 10- bis 17-Jährigen Social Media in einem riskanten Ausmaß nutzt. Darüber hinaus nahmen psychosomatische Beschwerden bei Schulkindern zu und die körperliche Aktivität ab. Experten warnen vor den langfristigen Folgen dieser Entwicklungen.
Seuchen stellen seit jeher eine Herausforderung für die Politik dar, so Karl-Heinz Leven von der Universität Erlangen-Nürnberg. Die COVID-19-Pandemie hat die Welt zweifellos verändert, doch das genaue Ausmaß der Veränderungen und ihre langfristigen Auswirkungen sind noch nicht absehbar. Die Forschung und die medizinische Versorgung haben große Fortschritte erzielt, und die Gesellschaft hat gelernt, mit neuen Herausforderungen umzugehen. Die Pandemie hat uns aber auch die Bedeutung von Gesundheit, Solidarität und globaler Zusammenarbeit deutlich vor Augen geführt.
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