In Georgien reißen die Proteste gegen die Regierung nicht ab. Am Dienstagabend, dem 3. Dezember 2024, versammelten sich laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung (FAZ) erneut tausende Menschen in Tiflis, um gegen den von Ministerpräsident Irakli Kobachidse verkündeten Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen bis 2028 zu demonstrieren. Es war bereits der sechste Protesttag in Folge. Vor dem Parlamentsgebäude schwenkten die Demonstranten georgische und EU-Flaggen. AFP-Reporter beobachteten Feuerwerkskörper, die in Richtung des Parlamentsgebäudes abgefeuert wurden. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Demonstranten vom Überklettern der Parlamentsmauern abzuhalten. Es gab Festnahmen, deren genaue Anzahl jedoch unklar ist.
Die tagesschau berichtet, dass sich die Proteste, die bereits den fünften Tag in Folge andauerten, auf mehrere Städte Georgiens ausgeweitet haben. Auch dort griff die Polizei zu Wasserwerfern und Tränengas. Estland, Lettland und Litauen verhängten Sanktionen gegen Mitglieder der georgischen Führung und den Milliardär Bidzina Iwanischwili, einen wichtigen Unterstützer der Regierungspartei „Georgischer Traum“, aufgrund der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste. Die USA setzten ihre strategische Partnerschaft mit Georgien vorläufig aus.
Die Zeit berichtet ebenfalls über die Proteste und zitiert Regierungschef Kobachidse, der Verhandlungen mit der Opposition ablehnte und die Proteste als „vom Ausland finanziert“ bezeichnete. Gleichzeitig bekräftigte er das weiterhin bestehende Ziel seiner Regierung, der EU beizutreten. Die proeuropäische Präsidentin Salome Surabischwili kritisierte das Vorgehen der Polizei als „unverhältnismäßig“ (FAZ) und warf ihr systematische Misshandlungen festgenommener Demonstranten vor (Die Zeit). Sie unterstrich, dass die Demonstranten für ihre Verfassung und die europäische Integration kämpfen.
Wie der Bayrische Rundfunk (BR) meldet, solidarisierte sich Präsidentin Surabischwili mit den Demonstranten und kündigte an, im Amt zu bleiben, bis die von Betrugsvorwürfen überschattete Parlamentswahl vom Oktober wiederholt wird. Die Regierungspartei plant, in Kürze einen neuen Staatspräsidenten wählen zu lassen – diesmal durch das Parlament und nicht mehr durch das Volk.
Das ZDF berichtet über die Zuspitzung des innenpolitischen Konflikts und die Weigerung Surabischwilis, ihr Amt aufzugeben, solange es keine legitim gewählte Regierung gebe. Sie betrachtet die Parlamentswahl vom Oktober als illegitim und das Parlament als verfassungswidrig.
Der Spiegel erinnert an Proteste im Juni 2019, bei denen es ebenfalls zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei kam. Auslöser war damals der Besuch einer russischen Delegation im georgischen Parlament. Russland verhängte daraufhin ein Flugverbot nach Georgien. Der damalige Parlamentspräsident trat zurück.
Georgien hat seit Dezember 2023 den offiziellen Status eines EU-Beitrittskandidaten. Die von der Opposition als „russlandfreundlich“ bezeichnete Regierung hat jedoch seitdem Gesetze verabschiedet, die in Brüssel Besorgnis auslösen, darunter ein Gesetz gegen „ausländische Einflussnahme“ nach russischem Vorbild. Die EU setzte daraufhin den Beitrittsprozess aus. Die Opposition wirft der Regierung vor, Georgien von der EU weg und hin zu Russland führen zu wollen.
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