Grönland steht vor großen Veränderungen. Die fortschreitende Eisschmelze auf der größten Insel der Welt eröffnet einerseits neue Möglichkeiten für den Abbau von Rohstoffen, birgt andererseits aber auch erhebliche Risiken für das globale Klima. Ein Überblick über die aktuelle Situation und mögliche Zukunftsszenarien.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, schmilzt das Eis in Grönland immer schneller. Zwischen 2003 und 2016 hat die Insel im Durchschnitt jährlich 255 Milliarden Tonnen Eis verloren. Besonders besorgniserregend: Auch in den höchsten Lagen des zentralen Hochlands ist inzwischen eine deutliche Erwärmung messbar. "Die globale Erwärmung erreicht die Mitte Grönlands", warnen Forscher des Alfred-Wegener-Instituts.
Laut einer Studie, über die Klimareporter berichtet, hat sich die Eisschmelze in Grönland innerhalb von zehn Jahren sogar vervierfacht. Die Wissenschaftler sehen darin Anzeichen dafür, dass ein Kipppunkt erreicht sein könnte, ab dem sich der Schmelzprozess nicht mehr aufhalten lässt. "Sobald wir den Wendepunkt erreicht haben, ist die einzige Frage: Wie schlimm wird es?", zitiert das Portal den Geowissenschaftler Michael Bevis.
Paradoxerweise eröffnet der Rückgang des Eises auch neue wirtschaftliche Perspektiven für Grönland. Wie der Guardian berichtet, werden unter der schwindenden Eisdecke reiche Vorkommen an Bodenschätzen vermutet. Dazu gehören seltene Erden, die für Hightech-Produkte und erneuerbare Energien benötigt werden, aber auch Gold, Eisen und möglicherweise Öl und Gas.
Die Europäische Union bemüht sich laut Guardian-Bericht um Zugang zu diesen Ressourcen. EU-Kommissar Antonio Tajani spricht von "Rohstoffdiplomatie" und betont die strategische Bedeutung Grönlands für die Versorgung Europas mit kritischen Rohstoffen. Auch China zeigt großes Interesse an einer Beteiligung am Bergbau in Grönland.
Für die grönländische Regierung bietet der Rohstoffabbau die Chance auf neue Einnahmequellen und wirtschaftliche Entwicklung. Wie die FAZ berichtet, erhofft man sich dadurch eine Linderung der sozialen Probleme auf der Insel. Henrik Stendal von der grönländischen Rohstoffbehörde betont: "Die Regierung möchte eine weitere Einnahmequelle haben - derzeit gibt es nur Fischerei und etwas Tourismus, also ist dies eine große Chance für uns."
Allerdings warnen Umweltschützer vor den ökologischen Risiken eines verstärkten Bergbaus in der sensiblen arktischen Region. Der Guardian zitiert Jon Burgwald von Greenpeace mit den Worten: "Es könnte einige sehr harte Umweltfolgen geben." Auch soziale Spannungen durch den Zuzug ausländischer Arbeitskräfte werden befürchtet.
Unabhängig von der Rohstofffrage hat die beschleunigte Eisschmelze in Grönland weitreichende Folgen für den globalen Meeresspiegel. Wie National Geographic berichtet, enthält der grönländische Eisschild genug Wasser, um den Meeresspiegel weltweit um 7 Meter ansteigen zu lassen. Schon jetzt trägt das Abschmelzen des grönländischen Eises erheblich zum Meeresspiegelanstieg bei.
Zudem könnte der Süßwasserzufluss die Meeresströmungen im Nordatlantik beeinflussen. Laut FAZ gibt es Hinweise darauf, dass die Schmelzwassermassen den Golfstrom abschwächen, was wiederum Auswirkungen auf das Klima in Europa hätte.
Die Entwicklungen in Grönland verdeutlichen exemplarisch die Herausforderungen des Klimawandels. Einerseits eröffnen sich durch die Eisschmelze neue wirtschaftliche Möglichkeiten, andererseits drohen schwerwiegende ökologische Konsequenzen. Die grönländische Regierung steht vor der schwierigen Aufgabe, zwischen wirtschaftlichen Interessen und Umweltschutz abzuwägen. Gleichzeitig ist die internationale Gemeinschaft gefordert, die globalen Auswirkungen der Veränderungen in der Arktis zu bewältigen.
Quellen: