Außenministerin Annalena Baerbock eröffnete den Bundesparteitag der Grünen in Wiesbaden mit einem Appell an die Partei, den Bürgern Sicherheit zu vermitteln. Wie die FAZ berichtet, räumte sie ein, dass die vergangenen Jahre der Ampel-Koalition und deren Bruch möglicherweise "ein Ticken zu viel Veränderung" gewesen seien, selbst für die Grünen. Man habe gelernt, dass Veränderung nicht nur positiv empfunden werde, sondern auch an die Grenzen führen könne.
Mit Blick auf den bevorstehenden Wahlkampf betonte Baerbock die Verantwortung der Grünen, Sicherheit zu geben. Sie warnte davor, dass die "Feinde von Fortschritt und Freiheit" mit den Ängsten und Sorgen der Menschen spielten. Es gelte nun, "unser starkes Land gerade in stürmischen Zeiten noch robuster zu machen", anstatt es schlechtzureden. Ein "sozialer, starker Staat" sei der beste Schutz gegen Angriffe von außen, so Baerbock laut FAZ.
Der Parteitag in Wiesbaden ist für die Grünen ein wichtiger Schritt in Richtung Bundestagswahl. Die scheidenden Parteivorsitzenden Omid Nouripour und Ricarda Lang verabschiedeten sich von den Delegierten. Beide hatten nach einer Reihe von verlorenen Landtagswahlen ihren Rücktritt erklärt und kandidieren nun für den Bundestag. Wie stern.de berichtet, blickt Nouripour auf eine bewegte Zeit zurück und räumt ein, dass es nicht gut genug lief.
Am Samstag stellen sich die designierten Nachfolger Franziska Brantner und Felix Banaszak zur Wahl. Neben der Wahl der neuen Parteispitze stehen auch kontroverse Debatten über Anträge zur Reichensteuer und zur Migrationspolitik auf der Tagesordnung. Baerbock verteidigte die in der Koalition erzielten Kompromisse in der Migrationspolitik und unterstrich die Notwendigkeit, sowohl für Humanität als auch für Ordnung einzutreten.
Am Sonntag soll Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als Kanzlerkandidat nominiert werden. In einem Dringlichkeitsantrag wird er als "Kandidat für die Menschen in Deutschland" bezeichnet. Er soll zwar seine herausgehobene Rolle behalten, aber im "Spitzenduo" mit Baerbock auftreten, wie die FAZ berichtet. Nouripour bezeichnete die beiden als die "beiden Gesichter" der Partei.
Die Grünen liegen derzeit in bundesweiten Umfragen zwischen zehn und zwölf Prozent. Seit dem Bruch der Ampel-Koalition sind laut Bundesgeschäftsstelle über 9000 neue Mitgliedsanträge eingegangen. Die Partei zählt mit knapp 140.000 Mitgliedern so viele wie nie zuvor. Auch die Spendeneinnahmen für den Wahlkampf können sich sehen lassen: 725.000 Euro sind bereits eingegangen.
Ein Antrag des Bundesvorstands, der als Grundlage für das künftige Wahlprogramm dienen soll, wurde am Freitagabend debattiert. Darin wird der FDP die Verantwortung für das Scheitern der Koalition zugeschrieben und die Erfolge der Regierung, wie der Ausbau erneuerbarer Energien, die Fachkräftezuwanderung und das 49-Euro-Ticket, hervorgehoben. Auch von Kompromissen an der "Schmerzgrenze" ist die Rede.
Baerbock warb in ihrer Rede für die Lieferung weitreichender Waffensysteme an die Ukraine, eine Position, die Bundeskanzler Olaf Scholz in Bezug auf die Taurus-Marschflugkörper ablehnt. "Wir müssen die Ukraine schützen, weil es unser Frieden in Europa ist", so Baerbock.
Die Grünen stehen vor einem herausfordernden Wahlkampf. Sie wollen Orientierung und Zuversicht in einer durch Krisen und Kriege verunsicherten Gesellschaft bieten und die Wirtschaft stärken. Investitionen und Reformen dürften nicht länger an den "zu engen Regeln der Schuldenbremse" scheitern, heißt es in dem Antrag.
Quellen:
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