19.10.2024
Investitionen in den Schutz von Frauen dringend erforderlich

Nach Fällen tödlicher Gewalt: Kritik an Deutschlands Investitionen in den Schutz von Frauen

In Deutschland sind Frauen in Partnerschaftsverhältnissen häufig Gewalt ausgesetzt, die im schlimmsten Fall tödlich enden kann. Die aktuelle Situation hat in den letzten Wochen durch mehrere tragische Vorfälle in Berlin, bei denen Frauen mutmaßlich von ihren Ex-Partnern getötet wurden, erneut Aufmerksamkeit erregt. Der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) äußert sich besorgt über die unzureichenden Maßnahmen zum Schutz von Frauen in Deutschland.

Die Geschäftsführerin des bff, Katja Grieger, betont, dass Frauen oft den simplen Rat erhalten, sich von ihren gewalttätigen Partnern zu trennen. Diese Empfehlung kann jedoch gefährlich sein, wenn die tatsächliche Gefahr nicht ernst genommen wird. Es ist entscheidend, dass betroffene Frauen Zugang zu professioneller Hilfe haben, etwa durch Beratungsstellen, die auf solche Situationen spezialisiert sind. Grieger macht deutlich, dass in Deutschland insgesamt zu wenig Geld in den Schutz von Frauen investiert wird.

Statistiken zur Partnerschaftsgewalt

Die Zahlen zur Partnerschaftsgewalt in Deutschland sind alarmierend. Laut dem Bundeskriminalamt wurden im Jahr 2023 155 Frauen durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet, was einen Anstieg von 22 Fällen im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Im gleichen Zeitraum wurden 24 Männer Opfer tödlicher Partnerschaftsgewalt. Diese Statistiken verdeutlichen das Ausmaß des Problems und die Dringlichkeit, effektive Schutzmaßnahmen zu implementieren.

Die jüngsten Vorfälle in Berlin, bei denen zwei Frauen innerhalb weniger Tage ermordet wurden, unterstreichen die Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen. In einem Fall wurde eine 28-Jährige von ihrem ehemaligen Lebensgefährten erstochen, während eine 36-Jährige mutmaßlich von ihrem Ex-Mann ermordet wurde. Solche Femizide, die oft in Trennungssituationen geschehen, zeigen, dass das Risiko einer tödlichen Gewaltanwendung besonders hoch ist, wenn Frauen eine Trennung in Betracht ziehen oder bereits vollzogen haben.

Reaktionen aus dem sozialen Umfeld

Wenn Frauen Gewalt erleben oder bedroht sind, suchen sie häufig Unterstützung in ihrem sozialen Umfeld, etwa bei Freundinnen oder Familienmitgliedern. Grieger weist darauf hin, dass es in diesen Momenten besonders wichtig ist, dass die Vertrauenspersonen solidarisch und unterstützend reagieren. Leider berichten viele Betroffene von abwertenden Kommentaren, die die Situation verharmlosen, wie etwa „da gehören doch immer zwei dazu“ oder „das kann ich mir gar nicht vorstellen, das ist doch so ein netter Kerl“.

Die Unterstützung in Beratungsstellen ist für viele Frauen entscheidend. Dort arbeiten Fachkräfte, die sich mit den spezifischen Herausforderungen und Gefahren auskennen und gemeinsam mit den Betroffenen eine Gefährdungsabschätzung vornehmen können. In akuten Fällen besteht die Möglichkeit, in ein Frauenhaus zu fliehen, vorausgesetzt, es sind Plätze verfügbar. Bei akuter Gefahr sollte immer die Polizei hinzugezogen werden, da sie für die Gefahrenabwehr zuständig ist.

Fehlendes Gefährdungsmanagement

Ein weiterer kritischer Punkt ist das fehlende flächendeckende Gefährdungsmanagement in Deutschland. Grieger verweist auf die Istanbul-Konvention, die seit 2018 in Deutschland gilt und ein systematisches Vorgehen zur Risiko- und Gefährdungseinschätzung fordert. Dies würde bedeuten, dass relevante Akteure wie Polizei, Jugendämter und Beratungsstellen gemeinsam die Gefahrenlage für betroffene Frauen und deren Kinder bewerten und geeignete Maßnahmen ergreifen. Die Umsetzung dieser Konvention erfordert jedoch erhebliche finanzielle Mittel und personelle Ressourcen, die bislang nicht bereitgestellt wurden.

Das geplante Gewalthilfegesetz

In Reaktion auf die jüngsten Gewalttaten hat Bundesfrauenministerin Lisa Paus angekündigt, das Gewalthilfegesetz vorzubereiten. Dieses Gesetz soll allen von Gewalt betroffenen Personen einen Anspruch auf Hilfe einräumen. Paus betont, dass solche Maßnahmen Leben retten können, jedoch auch finanzielle Mittel benötigen, um den Bundesländern zu helfen, mehr Präventions- und Schutzplätze für Frauen bereitzustellen. Die gegenwärtige Situation zeigt, dass es in Deutschland an einem ausreichenden Angebot an Schutzplätzen mangelt.

Fazit

Die Problematik der Gewalt gegen Frauen in Deutschland erfordert dringende Maßnahmen und Investitionen in den Schutz und die Unterstützung betroffener Frauen. Die aktuellen Fälle tödlicher Gewalt verdeutlichen die Dringlichkeit, effektive Schutzmaßnahmen zu implementieren und die gesellschaftliche Wahrnehmung von Gewalt in Partnerschaften zu verändern. Es ist entscheidend, dass sowohl die Politik als auch die Gesellschaft insgesamt Verantwortung übernehmen, um Frauen vor Gewalt zu schützen und ihnen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.

Die Diskussion über die Finanzierung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen für Frauen ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, doch es bleibt abzuwarten, wie schnell und effektiv diese Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden können.

Quellen: dpa, Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff)

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