20.10.2024
Herkunftsnennung in der Berichterstattung Kontroverse zwischen Transparenz und Diskriminierungsschutz

Die Frage, ob und in welchem Umfang die Herkunft von Tatverdächtigen in der medialen Berichterstattung genannt werden sollte, ist seit Jahren Gegenstand kontroverser Diskussionen. Befürworter einer transparenten Berichterstattung, die auch die Herkunft von Tätern einschließt, argumentieren mit dem Recht der Öffentlichkeit auf Information. Insbesondere im Kontext von Straftaten, die großes öffentliches Interesse hervorrufen, wird die Forderung nach umfassender Transparenz laut.

Gegner einer solchen Praxis warnen hingegen vor der Gefahr der Stigmatisierung und Diskriminierung. Sie befürchten, dass die Nennung der Herkunft von Tätern, insbesondere wenn diese einen Migrationshintergrund haben, zu Vorurteilen und Pauschalisierungen führen könnte. Dies könnte das gesellschaftliche Klima belasten und die Integration erschweren.

Ein Fall, der die Problematik verdeutlicht, ereignete sich im Juli 2015 in der Schweiz. Eine junge Frau wurde in Emmen Opfer einer brutalen Vergewaltigung. Obwohl DNA-Spuren des Täters gesichert werden konnten, führte die Untersuchung zunächst nicht zur Ergreifung des Täters. In einem solchen Fall, so argumentieren Forensiker, könnte die Möglichkeit, aus der DNA-Spur auf die Herkunft des Täters zu schließen, die Ermittlungen erheblich beschleunigen.

In Deutschland ist die Bestimmung der biogeografischen Herkunft aus DNA-Spuren jedoch verboten. Einzig das Geschlecht und die Augen-, Haar- und Hautfarbe dürfen aus der DNA abgelesen werden. Die Sorge vor Diskriminierung und die Angst vor der Stigmatisierung ganzer Bevölkerungsgruppen wiegen in Deutschland schwerer als der potentielle Nutzen für die Strafverfolgung.

Die Diskussion über die Herkunftsnennung von Tätern ist eng verknüpft mit der Frage nach der Rolle der Medien in der Gesellschaft. Medien haben nicht nur die Aufgabe, zu informieren, sondern auch einzuordnen und zu kommentieren. Dabei bewegen sie sich stets auf einem schmalen Grat zwischen der notwendigen Sachlichkeit und der Gefahr der Sensationsmache.

Der Deutsche Presserat, das Selbstkontrollorgan der deutschen Presse, hat in seinem Pressekodex Richtlinien für die Berichterstattung über Straftaten festgelegt. Ziffer 12.1 des Pressekodex besagt, dass die Zugehörigkeit eines Täters zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nur dann genannt werden soll, wenn ein begründeter Sachbezug besteht.

Was aber ein „begründeter Sachbezug“ ist, liegt im Ermessen der jeweiligen Redaktion. Diese Unschärfe führt immer wieder zu Kritik an der Richtlinie. Kritiker bemängeln, dass die Formulierung zu viel Interpretationsspielraum lasse und fordern eine klarere Regelung.

Die Diskussion über die Herkunftsnennung von Tätern ist komplex und lässt sich nicht auf eine einfache Formel reduzieren. Es geht um die Abwägung zwischen wichtigen Grundrechten: dem Recht der Öffentlichkeit auf Information, dem Schutz der Persönlichkeit und dem Schutz vor Diskriminierung.

Letztlich müssen Journalistinnen und Journalisten in jedem Einzelfall neu entscheiden, ob die Nennung der Herkunft eines Täters gerechtfertigt ist. Dabei sollten sie sich stets ihrer Verantwortung für ein faires und ausgewogenes Bild der Gesellschaft bewusst sein.

Quellen:

Weitere
Artikel