19.10.2024
Wildtiermanagement und Tradition: Die facettenreiche Jagdkultur in Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt ist die Jagd ein traditioneller Bestandteil der Kultur und des ländlichen Lebens. Sie wird als Werkzeug für das Wildtiermanagement und den Naturschutz gesehen. Die sachsen-anhaltische Landschaft bietet eine Vielzahl an Jagdmöglichkeiten, wobei sich die Region durch ihre vielfältigen Landschaften und den östlichen Harz als beliebtes Ziel für Jagdtouristen etabliert hat. Die Jagd in Sachsen-Anhalt ist durch das Jagdrecht geregelt, das mit einer Hegepflicht verbunden ist. Diese Pflicht zielt darauf ab, einen artenreichen und gesunden Wildbestand sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Die Hege umfasst Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensräume des Wildes und strebt an, Beeinträchtigungen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst zu vermeiden. Die Jagd spielt auch eine wichtige Rolle beim Schutz der Wälder in Sachsen-Anhalt. Durch gezielte Jagd sollen waldverträgliche Wildbestände erreicht werden, die nicht nur zur ökologischen Waldwirtschaft beitragen, sondern auch dabei helfen, die Ausbreitung von Krankheiten und Seuchen zu verhindern. Überhöhte Wildbestände, die Risikofaktoren für den Wald darstellen, sollen durch regulierte Jagd kontrolliert werden. Um die Jagd in Sachsen-Anhalt ausüben zu dürfen, ist ein gültiger Jagdschein erforderlich, der durch das Bestehen einer Jagdprüfung erworben wird. Das Jagen in den ausgewiesenen Jagdbezirken erfordert zudem eine privatrechtliche Erlaubnis, die durch das Abschließen eines Jagdpachtvertrages oder den Erwerb eines Jagderlaubnisscheins bzw. Begehungscheins erteilt wird. Angesichts der Bedrohung durch die Afrikanische Schweinepest hat Sachsen-Anhalt eine Prämie für das Auffinden und Beproben toter oder kranker Wildschweine eingeführt, um frühzeitig Fälle im Land zu entdecken. Darüber hinaus wird eine Erlegungsprämie für erlegtes Schwarzwild – ausgenommen führende Bachen – gezahlt, um einen Anreiz zur Reduzierung der Schwarzwildbestände zu schaffen. Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat jedoch kürzlich eine Veränderung in der Jagdpolitik vorgeschlagen. Das sachsen-anhaltische Forstministerium sieht eine Überpopulation bei Wild und fordert höhere Abschusszahlen. Diese Forderung wurde in einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung thematisiert. Laut dem Forstministerium ist der Wildbestand zu hoch und bedroht die Vielfalt der Wälder, da junge Triebe von Wildtieren gefressen werden. Das Ministerium instruierte daher die Jagdbehörden, die Abschusszahlen in gefährdeten Jagdbezirken heraufzusetzen. Naturschützer stimmen der Einschätzung zu, dass mehr Abschüsse bei Rotwild, Rehwild und Damwild unumgänglich sind, um die Wälder zu schützen. Der Landesjagdverband hingegen widerspricht der Forderung nach einer stärkeren Bejagung und betont, dass die aktuellen Abschussvorgaben auf einer veralteten Hegerichtlinie basieren, die die Rückkehr des Wolfes in die Kulturlandschaft nicht berücksichtigt. Der Verband sieht die Abschusszahlen sogar als zu hoch an und plädiert für eine Anpassung an die gegenwärtigen Gegebenheiten. In der Jagdsaison 2022/23 wurden in Sachsen-Anhalt laut Landesverwaltungsamt 4.400 Stück Rotwild, 4.100 Stück Damwild und 44.500 Stück Rehwild zur Strecke gebracht. Diese Zahlen spiegeln die Intensität der Jagdaktivitäten im Land wider und weisen auf die Notwendigkeit eines ausgewogenen Wildtiermanagements hin. Die aktuelle Debatte um die Jagdpolitik und den Umgang mit Wildtierbeständen in Sachsen-Anhalt zeigt die Komplexität der Interessenlagen auf. Während das Forstministerium und Naturschützer eine Regulierung des Wildbestands durch Jagd befürworten, um die Wälder zu schützen, betont der Landesjagdverband die Bedeutung einer an wissenschaftlichen Erkenntnissen und aktuellen Herausforderungen orientierten Jagdstrategie.
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