Im Herzen Tatarstans, gut 800 Kilometer östlich von Moskau, bereitet sich die Millionenstadt Kasan auf ein Großereignis vor: Den diesjährigen BRICS-Gipfel. Von Dienstag bis Donnerstag werden 24 Staats- und Regierungschefs in der Hauptstadt der russischen Teilrepublik erwartet. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, wie die dpa berichtet. Zahlreiche Straßen wurden neu gepflastert, der öffentliche Nahverkehr mit neuen Bussen ausgestattet und der Bahnhofsvorplatz begrünt. Viele Hotels erstrahlen nach Renovierungsarbeiten in neuem Glanz.
Für die Bewohner Kasans ist der Gipfel jedoch auch mit Einschränkungen verbunden. In einigen Teilen der Stadt wurde der Individualverkehr begrenzt, und die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft. Die Einwohner wurden angewiesen, stets ihre Pässe mitzuführen. Der Kasaner Kreml, eine der Hauptattraktionen der Stadt, bleibt für die Dauer des Gipfels für die Öffentlichkeit geschlossen. Studenten, Beamte und Angestellte einiger Unternehmen sollen ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen.
Der Aufwand, den Russland für den Gipfel betreibt, verdeutlicht die Bedeutung, die Präsident Wladimir Putin dem Treffen beimisst. Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022 steht Russland im Fokus internationaler Kritik. Der Westen reagierte mit weitreichenden Wirtschaftssanktionen, schloss Russland vom internationalen Bankennetzwerk SWIFT aus und versuchte, das Land diplomatisch zu isolieren. Mit dem BRICS-Gipfel in Kasan will Putin nun demonstrieren, dass diese Isolationspolitik nicht erfolgreich war.
Tatsächlich hat die Bedeutung der BRICS-Gruppe in den letzten Jahren zugenommen. Gegründet im Jahr 2009 als loser Verbund von Schwellenländern – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – hat die Gruppe inzwischen Zuwachs bekommen. Ägypten, Äthiopien und der Iran sind bereits Mitglieder, und zahlreiche weitere Staaten haben ihr Interesse an einem Beitritt bekundet oder bereits einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Unter ihnen befinden sich Länder wie Syrien, Aserbaidschan, Kuba, Saudi-Arabien, Thailand und Vietnam. Die BRICS-Staaten repräsentieren heute fast die Hälfte der Weltbevölkerung und generieren, gemessen an der Kaufkraft, mehr als 35 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.
Für Putin ist der BRICS-Gipfel eine Plattform, um die wirtschaftliche Macht und den politischen Einfluss der Gruppe zu demonstrieren. Er sieht in ihr ein Gegengewicht zur westlichen Dominanz in der Weltpolitik und strebt eine multipolare Weltordnung an. Die Aufnahme neuer Mitgliedsländer, über die in Kasan beraten werden soll, könnte die bisherigen globalen Machtverhältnisse tatsächlich verschieben.
Neben dem Ausbau der BRICS-Gruppe stehen weitere wichtige Themen auf der Agenda des Gipfels. Eines davon ist Putins Idee eines eigenen, von den BRICS-Staaten geführten Zahlungssystems, das als Alternative zu SWIFT dienen soll. Ein solches System würde es Russland ermöglichen, die Folgen des Ausschlusses von SWIFT zu umgehen und den internationalen Zahlungsverkehr auch ohne den Westen abzuwickeln.
Ein weiteres zentrales Thema des Gipfels ist die Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den BRICS-Staaten. Ziel ist es, den Handel untereinander zu intensivieren, die Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren und eine Reform der globalen Wirtschaftsordnung zu erreichen, die nach Ansicht der BRICS-Staaten von westlichen Institutionen wie der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) dominiert wird.
Der BRICS-Gipfel in Kasan ist für Putin ein wichtiges Instrument, um seine Vision einer multipolaren Weltordnung voranzutreiben und Russlands Position auf der internationalen Bühne zu stärken. Ob die ambitionierten Ziele der Gruppe erreicht werden können, bleibt abzuwarten. Der Gipfel in Kasan wird jedoch zweifellos ein bedeutsames Ereignis in der Geschichte der BRICS-Staaten und der internationalen Politik sein.
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