19.10.2024
Katalonien im Wandel: Eine neue Regierungskoalition in Sicht

Katalonien: Separatisten und Sozialisten wollen Regierung bilden

Die politische Landschaft in Katalonien hat eine wichtige Wendung genommen, da die linke separatistische Partei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) und die sozialistische Partei von Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez eine Grundsatzeinigung zur Bildung einer neuen Regionalregierung erzielt haben. Diese Entwicklung könnte weitreichende Auswirkungen auf die Zukunft der Region und ihre Beziehung zur spanischen Zentralregierung haben.

Hintergrund

Katalonien ist seit vielen Jahren ein Zentrum separatistischer Bestrebungen innerhalb Spaniens. Die Region hat eine eigene kulturelle Identität und wirtschaftliche Stärke, die häufig als Argument für eine Unabhängigkeit von Spanien angeführt wird. Die politischen Spannungen haben in den letzten Jahren zugenommen, insbesondere nach dem umstrittenen Referendum von 2017, das von der spanischen Regierung als illegal erklärt wurde. In diesem Kontext hat die ERC, die traditionell für die Unabhängigkeit Kataloniens plädiert, eine Schlüsselrolle in der regionalen Politik gespielt.

Die politische Einigung

Die Ankündigung der Einigung wurde von der ERC-Sprecherin Raquel Sans in einer Pressekonferenz gemacht. Salvador Illa, der Spitzenkandidat der Sozialisten, könnte der neue Regionalregierungschef werden, nachdem seine Partei bei den vorgezogenen Regionalwahlen am 12. Mai die meisten Sitze im Parlament gewonnen hat. Mit 42 Sitzen wurde Illa der erste Politiker in dieser Position, der sich klar gegen die Unabhängigkeit Kataloniens ausspricht.

Die Einigung steht jedoch noch unter dem Vorbehalt, dass sie von der Basis der ERC genehmigt wird. Eine Basisbefragung ist für den kommenden Freitag angesetzt. Sollte die Zustimmung ausbleiben, könnte dies zu einem erneuten Wahlprozess führen und die politischen Bemühungen erheblich behindern.

Streitigkeiten mit Junts

Gegen die Einigung hat sich vor allem die zweite große separatistische Partei, Junts, ausgesprochen. Diese Partei wird von Carles Puigdemont, dem ehemaligen Präsidenten Kataloniens, der im Exil lebt, geführt. Puigdemont hat die Unabhängigkeit Kataloniens mit einem als illegal erklärten Referendum vorangetrieben und sieht sich noch immer einem Haftbefehl gegenüber, sollten er nach Spanien zurückkehren.

Die Junts-Partei hatte in der Vergangenheit eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung von Sánchez's Regierung gespielt, insbesondere nach der Zusage einer Amnestie für separatistische Politiker. Diese Amnestie wurde jedoch von der spanischen Justiz nicht vollständig umgesetzt, da Bedenken hinsichtlich möglicher persönlicher Bereicherungen Puigdemonts bestehen.

Politische Implikationen für Pedro Sánchez

Für Pedro Sánchez wäre die Wahl von Illa als Regionalregierungschef ein bedeutender politischer Erfolg. Allerdings ist Sánchez auf die Unterstützung der Junts-Abgeordneten im spanischen Parlament angewiesen, um seine Minderheitsregierung zu stabilisieren. In den letzten Wochen gab es Berichte, dass die Junts möglicherweise ihre Unterstützung zurückziehen könnten, was die Regierungsführung von Sánchez erheblich erschweren würde.

Ein zentrales Streitpunkt zwischen ERC und den Sozialisten war die steuerliche Autonomie Kataloniens. Die ERC fordert, dass Katalonien, ähnlich wie das Baskenland und Navarra, die Möglichkeit erhält, eigene Steuern zu erheben. Aktuell erhebt der Zentralstaat die Steuern und leitet einen Teil an die Region weiter. Diese Forderung ist Teil eines größeren wirtschaftlichen Konzepts, das die Erhebung neuer Steuern und finanzielle Mittel zur Förderung der katalanischen Sprache umfasst.

Die Zukunft Kataloniens

Die kommenden Wochen könnten entscheidend für die zukünftige politische Landschaft in Katalonien sein. Sollte die Basis der ERC die Einigung ablehnen, könnten Neuwahlen notwendig werden, die zu einem weiteren politischen Stillstand führen könnten. Andererseits könnte eine erfolgreiche Koalition zwischen den Sozialisten und der ERC dazu beitragen, die Spannungen zwischen Katalonien und der spanischen Zentralregierung zu verringern und einen neuen Dialog über die Autonomie und die finanziellen Rechte der Region zu eröffnen.

Insgesamt bleibt die politische Situation in Katalonien angespannt und ungewiss. Die Entwicklungen in den kommenden Tagen und Wochen werden entscheidend sein, um zu bestimmen, in welche Richtung sich die Region bewegen wird und ob es möglich ist, einen stabilen und konstruktiven Dialog zwischen den verschiedenen politischen Akteuren zu etablieren.

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