19.10.2024
Kindliche Unbeschwertheit bewahren in Zeiten des Krieges

Hoffnung und Fantasie: Kinderbuchautorin: Kindern nicht zu viel vom Krieg erzählen

Die Kinderbuchautorin Ursel Scheffler, die mit ihren Werken Generationen von Kindern begeistert hat, äußert sich besorgt über die Auswirkungen aktueller Kriege auf die jüngere Generation. In einer Zeit, in der Konflikte wie der Ukraine-Krieg die Nachrichten dominieren, plädiert sie dafür, Kindern nicht zu viel über die Schrecken des Krieges zu erzählen. Dies ist nicht nur eine persönliche Überzeugung, sondern auch das Ergebnis ihrer eigenen Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs.

Ursel Scheffler, die im Jahr 1938 in Nürnberg geboren wurde, erinnert sich an ihre Kindheit, als sie im Luftschutzkeller saß und die Geräusche des Krieges hörte. Diese Erinnerungen wurden während des Ukraine-Kriegs wieder lebendig, als sie die Berichte über den Konflikt verfolgte. „Plötzlich war ich das Kind, das im Luftschutzkeller sitzt. Ich habe die Flieger gehört, den Staub und den Brandgeruch wieder in der Nase gehabt“, sagte sie in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Ihre Erfahrungen in der Kindheit prägen ihre Sichtweise auf die gegenwärtigen Konflikte und deren Darstellung in der Literatur.

Scheffler ist der Meinung, dass Kinder in einer Zeit, in der sie mit so vielen negativen Nachrichten konfrontiert sind, ein Recht auf eine unbeschwerte Kindheit haben. „Bitte gönnen Sie Kindern die Kindheit – die ist so schnell vorbei. Und erzählen Sie nicht das Leid. Sondern geben ihnen einen Ausweg für den Kopf und für die Fantasie“, betont sie. Diese Aussage spiegelt ihre Überzeugung wider, dass Kinder durch Geschichten, die Hoffnung und Fantasie fördern, geschützt werden sollten.

Die Autorin hat in der Vergangenheit bereits zahlreiche Bücher veröffentlicht, die sich durch kreative und fantasievolle Erzählweisen auszeichnen. Sie ist auch als Lesebotschafterin der „Stiftung Lesen“ aktiv und hat verschiedene Programme zur Leseförderung ins Leben gerufen, darunter das Projekt „Büchertürme“, das darauf abzielt, das Lesen bei Kindern zu fördern und ihnen Zugang zu Büchern zu ermöglichen.

In einem Gespräch auf der Leipziger Buchmesse traf Scheffler auf eine ukrainische Autorin, die über ihre Erfahrungen im Krieg schrieb. Scheffler äußerte ihre Bedenken, dass solche Geschichten das kindliche Gemüt belasten könnten. Sie fordert, dass Geschichten, die Kindern erzählt werden, nicht nur die Realität widerspiegeln, sondern auch Räume für Fantasie und Hoffnung eröffnen. „Die Kindheit sollte ein Ort der Träume und der Entfaltung sein, nicht der Angst und des Leids“, so Scheffler weiter.

Die Diskussion über die Darstellung von Krieg in Kinderbüchern ist nicht neu, gewinnt jedoch in der aktuellen globalen Lage an Dringlichkeit. Viele Autoren und Pädagogen stehen vor der Herausforderung, wie sie mit den Themen Krieg und Frieden in ihrer Arbeit umgehen sollen. Scheffler ist überzeugt, dass es wichtig ist, Kinder vor den negativen Aspekten des Krieges zu schützen, um ihre Unschuld und ihre Fähigkeit zu träumen zu bewahren.

Die Autorin hat für ihre Verdienste um die Literatur und die Leseförderung zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter die Biermann-Ratjen-Medaille der Hansestadt Hamburg im Jahr 2018. Diese Ehrungen unterstreichen ihr Engagement für die Förderung von Lesekompetenz und die Schaffung von positiven Leseerlebnissen für Kinder.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ursel Scheffler eine wichtige Stimme in der Diskussion über die Rolle von Kinderliteratur in Zeiten von Krieg und Konflikt ist. Ihre Forderung, Kindern nicht zu viel vom Krieg zu erzählen, ist ein Appell an alle Autoren, Eltern und Pädagogen, sich der Verantwortung bewusst zu sein, die sie gegenüber der jüngeren Generation tragen. Indem sie Hoffnung und Fantasie in den Vordergrund stellen, können sie dazu beitragen, dass Kinder in einer belastenden Welt ein Stück Unbeschwertheit und Freude bewahren.

Die Diskussion um die richtige Balance zwischen Realität und Fantasie in der Kinderliteratur wird auch in Zukunft relevant bleiben. Autoren wie Ursel Scheffler zeigen, dass es möglich ist, Geschichten zu erzählen, die sowohl unterhalten als auch inspirieren, ohne die jungen Leser mit den Schrecken der Welt zu belasten.

Die Gedanken und Ansichten von Ursel Scheffler sind ein wertvoller Beitrag zu einem wichtigen Thema, das nicht nur die Literatur, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes betrifft. In einer Zeit, in der Kinder mit vielen Herausforderungen konfrontiert sind, bleibt die Frage, wie man ihnen die Welt erklärt, von zentraler Bedeutung.

Quellen: dpa, Zeit Online

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