Die russische Schriftstellerin Maria Stepanova, bekannt für ihren Roman "Nach dem Gedächtnis", lebt seit einigen Jahren im deutschen Exil. In ihrem neuesten Werk "Der Absprung", das im Herbst 2024 erscheint, erzählt sie die Geschichte der russischen Schriftstellerin M., die auf dem Weg zu einem Literaturfestival ist und ihr Ziel nie erreicht.
In einem Interview mit der F.A.Z. spricht Stepanova über ihren neuen Roman und die Bezüge zur aktuellen politischen Situation. Auf die Frage, worum es in "Der Absprung" geht, antwortet Stepanova, dass sich die Protagonistin M. nicht mehr als Schriftstellerin fühle. "Sie hat allerdings Erinnerungen an ihr früheres Schreiben, an eine Art Geist von sich selbst, der früher geschrieben und das sogenannte 'Untier' und seine Verhaltensweisen erforscht hatte", so Stepanova gegenüber der F.A.Z.
Das "Untier" und seine Verbindung zu Russland spielen eine zentrale Rolle in Stepanovas Roman. Die Protagonistin M. frage sich, ob ihr Land schon immer diese ontologische Dimension gehabt habe oder ob das "Untier" nur ein Missgeschick sei, das jedem Land und jedem Volk widerfahren könne, erklärt Stepanova.
Die Symbolik des "Untiers" und die Frage nach der Verantwortung Russlands für den Krieg in der Ukraine ziehen sich durch Stepanovas Werk. In einem Essay für die WOZ, der im März 2022 erschien, schreibt sie: "Immer wieder schaue ich mir die Fotos aus der Ukraine an, aufgenommen in den endlosen vierzehn Tagen eines Krieges, der so unvorstellbar schien, dass es selbst jetzt noch schwer zu glauben ist, dass das alles tatsächlich geschieht."
Stepanova beschreibt in ihrem Essay die Brutalität des Krieges und die bewusste Verwendung von Gewalt als Mittel der Politik. Sie zieht Parallelen zum Zweiten Weltkrieg und kritisiert die Rhetorik des russischen Staates, der den Krieg als Kampf gegen den Nazismus darstellt.
Die Autorin betont die Bedeutung des Erinnerns und des Kampfes gegen das Vergessen. In einem Interview mit der Berliner Zeitung im April 2023 sagt sie: "In Russland ist die Frage der Verantwortung wie eine heiße Kartoffel."
Stepanovas Werk wirft wichtige Fragen über die Rolle von Geschichte, Erinnerung und Verantwortung in der Gegenwart auf.
Quellen:
- https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/gespraech-mit-der-russischen-exil-autorin-maria-stepanova-110013031.html - https://www.woz.ch/2211/essay/der-untergang-des-denkbaren - https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/schriftstellerin-maria-stepanova-in-russland-ist-die-frage-der-verantwortung-wie-eine-heisse-kartoffel-li.296226
