19.10.2024
Kommunalfinanzen: Eine Herausforderung für die Städte und Gemeinden

Kommunalfinanzen: Auf den Speckgürtel kommen magere Jahre zu

Dem Landkreis München fehlen im Haushalt für das kommende Jahr schon jetzt mindestens 50 Millionen Euro – und Landrat Göbel rechnet sogar mit einem noch höheren Defizit. Damit steht bereits vor den Etatberatungen fest, dass die Kommunen stärker zur Kasse gebeten werden.

Die Zahlen sind alarmierend: Laut Landrat Christoph Göbel droht dem Landkreis München für das kommende Haushaltsjahr ein Finanzierungsloch von mindestens 50 Millionen Euro. „Das ist die schwierigste Situation in den 30 Jahren meiner kommunalen Mandatstätigkeit“, sagt Göbel. Und dabei wird es dem Landrat zufolge nicht bleiben: „Diese 50 Millionen beschreiben nicht das gesamte Defizit, denn noch liegen mir keine Budgetmeldungen aus den einzelnen Ressorts des Landratsamtes vor.“

Die Gründe für das Etatdefizit sind laut Göbel vielfältig. Da sei zunächst die Umlagekraft, also die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landkreises. Weil die Gewerbesteuereinnahmen zurückgingen, sinke diese aktuellen Schätzungen zufolge von 1,46 Milliarden um gut fünf Prozent auf etwa 1,38 Milliarden Euro. Zugleich würden die Forderungen, die der Bezirk Oberbayern an die Landkreise und kreisfreien Städte stellt, immer größer. Weil der Bezirk alle seine Rücklagen aufgebraucht habe, rechnet der Landrat mit einer Anhebung der Bezirksumlage, die die Kreise zu entrichten haben. „Es gibt es wohl keine Alternative.“

Als Hauptursache für die sich abzeichnenden Finanzprobleme macht Göbel aber den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aus: „Diese Krise bringt für uns Belastungen in allen Bereichen mit sich.“ Als Beispiel verweist Göbel auf den Personalbedarf bei der Betreuung Geflüchteter und auf deren finanzielle Unterstützung. Auch an anderen Stellen drohen Mehrausgaben: So rechnet man im Landratsamt als Folge der anstehenden Tarifverhandlungen mit steigenden Personalkosten. Hinzu komme die beschlossene personelle Aufstockung für die Feuerwehreinsatzzentrale und den Katastrophenschutz.

Angesichts der Lage hat Landrat Göbel nach eigenen Worten schon einen festen Terminplan für die Haushaltsberatungen im Herbst ausgearbeitet und sich selbst auf die Suche nach Einsparungen gemacht. „Ich bin dabei, den Haushalt zu durchforsten, aber die meiste Luft haben wir schon 2024 herausgelassen. Jetzt geht es um politische Entscheidungen.“

„Die Kreisumlage wird nicht stabil bleiben“, prognostiziert der Landrat für kommendes Jahr

Nachdem bereits um die Aufstellung des Budgets 2024 monatelang im Kreistag gerungen wurde, ist erneut mit schwierigen Etatberatungen zu rechnen. Zumal der Landrat bereits ankündigt, dass dieses Mal die Kreisumlage, also die Abgabe, die die Kommunen an den Landkreis zu entrichten haben, höher ausfallen wird. „Die Kreisumlage wird nicht stabil bleiben“, so Göbel. „Und ich bin nicht naiv genug, um daran zu glauben, dass es mit moderaten Veränderungen klappen wird.“ Heuer hatte der Kreistag die Umlage letztlich nur um 0,8 Prozentpunkte angehoben, um die Belastung für die 29 Städte und Gemeinden in Grenzen zu halten. Eine Marke, mit der man diesmal wohl kaum auskommen wird. Derzeit haben in ganz Oberbayern nur die Kreise Pfaffenhofen (47,0 Prozentpunkte) und Rosenheim (48,5) einen niedrigeren Hebesatz als der Landkreis München (48,8).

Kommunalfinanzen in der Krise

Die Kommunalfinanzen geraten zunehmend in eine strukturelle Schieflage. Die Wirkungen von Inflation und einer schwächelnden wirtschaftlichen Entwicklung sind nur einige der Ursachen. Große finanzielle Herausforderungen wie die Integration von Geflüchteten, der ÖPNV-Ausbau und Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen erhöhen zusätzlich den Druck auf die kommunalen Haushalte. Eine dauerhafte stabile Finanzlage lässt sich nur über eine Erhöhung der Anteile der Städte und Gemeinden an den Gemeinschaftssteuern erreichen.

Die Kommunen finanzieren sich aus eigenen Steuereinnahmen wie der Grundsteuer und der Gewerbesteuer. Hinzu kommen Anteile an Gemeinschaftssteuern wie der Einkommensteuer. Außerdem gibt es Zuweisungen (teilweise zweckgebunden) von Bund und Ländern für die Kommunen. Gleichfalls von großer Bedeutung sind in vielen Städten auch die Ausschüttungen kommunaler Unternehmen.

In den vergangenen Jahren hat die gesellschaftliche und politische Bedeutung der kommunalen Aufgaben zugenommen: etwa bei der sozialen Sicherung, der Integration Geflüchteter, der Kinderbetreuung und Bildung oder beim öffentlichen Nahverkehr. Auch Klimaschutz und Klimaanpassung finden zu großen Teilen in den Kommunen statt.

Damit die Kommunen die Vielzahl an Aufgaben erfüllen können, damit kommunale Selbstverwaltung gelebt werden kann, brauchen die Städte und Gemeinden eine ausreichende Finanzausstattung. Dafür setzt sich der Deutsche Städtetag beim Bund und bei den Bundesländern ein.

Forderungen

Trotz eines engen Haushaltsrechtes muss die Handlungsfähigkeit der Städte immer gesichert sein, damit auch große, plötzlich auftretende Belastungen aufgefangen werden können. Nur wenn Städte finanzielle Reserven haben, auf die sie im Notfall zugreifen können, können sie auf Unvorhersehbares angemessen reagieren.

Die Finanzierung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen gehört derzeit zu den größten Herausforderungen für die Kommunen: Hierzu ist ein Paradigmenwechsel in der Förderpolitik notwendig: Eine kluge Förderung durch Bund und Länder ist zielgerichtet und wirkungsorientiert. Sie ist verlässlich, schlank und flexibel. Für die effiziente Förderung kommunaler Klimaschutzmaßnahmen hat der Städtetag ein Konzept entwickelt.

Schließlich gilt weiterhin, dass bundesweit eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse anzustreben ist. Daher müssen die besonders mit Altschulden belasteten Städte in einer gemeinsamen Aktion von Bund und den Ländern mit betroffenen Kommunen entlastet werden. Die Zinsentwicklung macht deutlich, dass die Altschuldenlösung nicht auf sich warten lassen darf.

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