Künstliche Intelligenz (KI) soll unser Leben erleichtern, doch ihr enormer Energiebedarf wirft Fragen nach ihrer Umweltverträglichkeit auf. Wie die Zeit (Zeit Online, 01.11.2024) berichtet, wird der Energieverbrauch von KI-Rechenzentren in Europa bis 2030 massiv ansteigen. Eine McKinsey-Studie prognostiziert eine Verdreifachung des Strombedarfs auf über 150 Terawattstunden, was etwa fünf Prozent des gesamten europäischen Stromverbrauchs entspricht. Laut Diego Hernandez Diaz, Partner bei McKinsey & Company, gegenüber der dpa, liegt der Anteil aktuell bei lediglich zwei Prozent.
Die McKinsey-Studie warnt, dass der steigende Strombedarf der KI den Klimawandel beschleunigen könnte, wenn er nicht durch erneuerbare Energien gedeckt wird. Derzeit wird ein Großteil des Stroms für Rechenzentren aus fossilen Brennstoffen gewonnen, obwohl sich viele große Betreiber, darunter Amazon (AWS), Microsoft und Google, zu einer vollständigen Versorgung mit erneuerbaren Energien verpflichtet haben. Der KI-Boom hat bereits zu einem deutlichen Anstieg der Treibhausgasemissionen geführt. Googles Umweltbericht von Juli 2024 zeigte einen Anstieg der Emissionen um 13 Prozent auf über 14,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid, hauptsächlich verursacht durch den gestiegenen Energieverbrauch der Rechenzentren und Emissionen in der Lieferkette.
Ein Beispiel für den enormen Energiebedarf der KI ist das neue Rechenzentrum von Elon Musks Unternehmen xAI. Es verwendet 100.000 der neuesten Spezialchips (H100 GPUs von Nvidia) gleichzeitig. Ralf Herbrich, Leiter des Fachgebiets "Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit" am Hasso-Plattner-Institut (HPI), erklärt gegenüber der dpa, dass jeder dieser Prozessoren eine Leistung von 700 Watt hat, vergleichbar mit einem modernen Backofen. Das Training eines Modells in diesem Rechenzentrum benötigt 70 Megawatt, plus die gleiche Menge für die Datenübertragung – entspricht der Leistung von 25 Windkraftanlagen. Herbrich schätzt, dass Rechenzentren weltweit vier bis fünf Prozent des globalen Energieverbrauchs ausmachen, zusammen mit der Nutzung digitaler Geräte wie Laptops und Smartphones sogar acht Prozent. Ein großer Teil davon fließt in das Training von KI-Modellen.
Auch die Erstellung von Texten und Bildern mit KI-Modellen ist energieintensiv. Laut Herbrich verbraucht die Generierung eines Bildes basierend auf einer Textanfrage so viel Energie wie eine halbe Handyladung. Selbst wenn KI-Modelle in Zukunft seltener trainiert werden, wird der Energieverbrauch durch die Nutzung der Modelle weiter steigen. Die Anzahl der Berechnungsschritte für die genauesten KI-Modelle hat sich seit 2018 um den Faktor eine Million erhöht.
Herbrich sieht Möglichkeiten zur Senkung des Energieverbrauchs durch die Reduzierung der Berechnungsschritte und des Energieverbrauchs pro Schritt. Dies erfordert effizientere mathematische Verfahren. Wichtig ist, dass die Genauigkeit der KI-Vorhersagen bei der Vereinfachung der Formeln nur minimal sinkt.
Trotzdem wird der Strombedarf durch KI-Anwendungen weiter steigen, da immer mehr Menschen KI nutzen. Der aktuelle Energiemix in der EU führt bei jeder KI-Nutzung zu CO2-Emissionen. Im Jahr 2023 wurde knapp ein Drittel des Stroms (32,5 Prozent) in der EU mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Die steigende Nachfrage nach sauberem Strom stellt laut McKinsey-Experte Diaz erhebliche Herausforderungen dar, da zuverlässige Stromquellen begrenzt verfügbar sind und es Engpässe bei Fachkräften gibt. Massive Investitionen in erneuerbare Energien und den Ausbau der Strominfrastruktur sind notwendig.
Die Gesamtbilanz der KI muss auch ihren Beitrag zum Klimaschutz berücksichtigen, z.B. im Energiesektor, der Güterproduktion oder der Landwirtschaft. Vérane Meyer, Digitalexpertin der Heinrich-Böll-Stiftung, betont das Potenzial der KI zur Steigerung der Ernährungssicherheit und Ressourceneffizienz. Auch die Digitalbranche sieht in der KI ein wichtiges Instrument für den Klimaschutz, wie Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder bestätigt.
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