19.10.2024
Kuwait im Klimawandel: Extreme Hitze und ihre Folgen

Klimawandel: Hitze in Kuwait: Wenn das Leben draußen verschwindet

Die extremen Temperaturen in Kuwait sind ein eindringliches Beispiel für die Auswirkungen des Klimawandels. In den letzten Jahren hat das Land immer wieder Rekordwerte erreicht, wobei die Temperaturen regelmäßig die 50-Grad-Marke überschreiten. Straßenverkäufer wie Ali Habib sind eine Seltenheit geworden, da die Hitze das Leben im Freien nahezu unmöglich macht. Bei Temperaturen um die 50 Grad Celsius zieht es die Menschen in die klimatisierten Räume ihrer Autos oder Wohnungen, während die Straßen leer bleiben.

Kuwait liegt geografisch zwischen Saudi-Arabien und dem Irak und ist in den letzten Jahren zu einem Vorboten für die Herausforderungen des Klimawandels geworden. Prognosen deuten darauf hin, dass große Teile des Landes in den nächsten 50 bis 75 Jahren unbewohnbar werden könnten. Laut der Kuwait Times könnten Temperaturanstiege dazu führen, dass 13 von 100 Todesfällen auf den Klimawandel zurückzuführen sind. Diese alarmierenden Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit, mit der die Gesellschaft auf die sich verändernden klimatischen Bedingungen reagieren muss.

Ein Leben in klimatisierten Räumen

Die wohlhabenden Bürger Kuwaits verbringen ihre Zeit überwiegend in klimatisierten Umgebungen. Sie verlassen ihre Wohnungen und Büros nur, um in klimatisierten Autos zu klimatisierten Einkaufszentren zu fahren. Die Architektin Scharifa al-Schalfan beschreibt es treffend: „Es ist fast, als würde draußen nicht existieren.“ Diese Abkapselung von der Außenwelt hat zur Folge, dass die Menschen kaum noch mit den extremen Bedingungen konfrontiert werden.

Im Jahr 2016 wurde in Mitribah, einem Ort außerhalb von Kuwait-Stadt, mit 53,9 Grad Celsius die weltweit dritthöchste Temperatur gemessen, die von der Weltwetterorganisation WMO verifiziert wurde. Heißer war es nur im Death Valley in Kalifornien und in Kebili in Tunesien. In diesem Jahr wurde die 50-Grad-Marke bereits im Mai überschritten, was einen frühen Beginn der Hitzewelle signalisiert.

Die Auswirkungen auf Flora und Fauna

Die extreme Hitze hat nicht nur Auswirkungen auf die Menschen, sondern auch auf die Tier- und Pflanzenwelt. In den Tierarztpraxen werden vermehrt streunende Katzen eingeliefert, die unter Hitzekollaps leiden. Vögel finden keinen Schatten und Wasser, was dazu führt, dass sie tot auf Dächern aufgefunden werden. An den Ufern Kuwaits wurden tote Fische angespült, die offenbar aufgrund des hohen Wassertemperatur und des damit verbundenen Sauerstoffmangels gestorben sind.

Die Uferpromenade zeigt ein Bild des Verfalls: Tauben drängen sich im Schatten von Palmen, während die Stadtbäume an den Gehwegen absterben. Selbst hitzeresistente Palmen zeigen Anzeichen von Verwelkung und verlieren ihre grünen Blätter.

Ärztliche Warnungen und gesundheitliche Risiken

Ärztliche Experten warnen vor den gesundheitlichen Risiken der extremen Temperaturen. Andrea Nakoinz von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit erklärt, dass bei hoher Luftfeuchtigkeit der Körper nicht mehr in der Lage ist, sich durch Schwitzen abzukühlen. „Hitze über 40 Grad über mehrere Stunden kann tödlich sein“, warnt sie. Die klimatisierten Gebäude bieten keine langfristige Lösung, da die trockene Luft der Klimaanlagen die Atemwege schädigen kann.

Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen

Kuwaits wirtschaftliche Abhängigkeit von Öl ist ein zentrales Dilemma. Der Ölexport, der seit der Entdeckung der Vorkommen im Jahr 1938 für Wohlstand gesorgt hat, hat die Gesellschaft in eine Abhängigkeit geführt, die angesichts der Klimakrise nicht länger tragbar ist. Der Anteil erneuerbarer Energien in Kuwait soll bis 2030 auf 15 Prozent steigen, doch die Realität sieht anders aus: Der Anteil an erneuerbaren Energien betrug zuletzt nur 0,2 Prozent.

Die subventionierten Benzinpreise machen das Autofahren in Kuwait extrem günstig. Ein Liter Benzin kostet umgerechnet weniger als ein Liter Cola, was dazu führt, dass viele Menschen ihre Autos auch bei kurzen Stopps laufen lassen, um die Innenräume kühl zu halten. Diese Gewohnheiten tragen zur hohen Luftverschmutzung und zu einem steigenden Energieverbrauch bei.

Die sozialen Auswirkungen der Hitze

Die sozialen Ungleichheiten in Kuwait werden durch die Hitze verstärkt. Die ärmsten Bevölkerungsschichten, insbesondere Arbeitsmigranten aus Indien und Sri Lanka, sind am stärksten betroffen. Diese Menschen, die einen Großteil der Arbeitskräfte in Kuwait ausmachen, sind gezwungen, unter extremen Bedingungen zu arbeiten, oft auch während der heißesten Stunden des Tages. Trotz gesetzlicher Regelungen, die Arbeiten im Freien während der Mittagshitze verbieten, wird dieses Verbot häufig missachtet.

Am Fischmarkt sind Arbeiter bei 48 Grad Celsius aktiv, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Hamid Mohammed Issa, ein Fischer, der seit 42 Jahren in Kuwait arbeitet, beschreibt die schwierigen Bedingungen: „Was soll ich machen? Ich muss mein Brot verdienen.“ Diese Geschichten verdeutlichen die Herausforderungen, mit denen viele Menschen in Kuwait konfrontiert sind, während sie versuchen, in einer zunehmend unbewohnbaren Umgebung zu überleben.

Die Situation in Kuwait ist ein eindringliches Beispiel für die globalen Herausforderungen des Klimawandels. Die extremen Temperaturen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Umwelt und die Wirtschaft sind ein Weckruf für die internationale Gemeinschaft, die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung und den Übergang zu erneuerbaren Energien zu erkennen.

Die Zukunft Kuwaits und anderer heißer Regionen hängt von der Fähigkeit ab, sich an die veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Nur durch umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels kann eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen sichergestellt werden.

Quellen: ZEIT ONLINE, Kurier, MT.de.

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