September 20, 2024
Langfristige Unterstützung für Angehörige von Extremismusopfern erforderlich

Extremismus: Langfristige Hilfe für Angehörige von Anschlägen nötig

Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass Überlebende und Angehörige der Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau, der sich am 19. Februar 2020 ereignete, dringend kontinuierliche und langfristige Unterstützung benötigen. Die Untersuchung, die im Rahmen des Beratungsprojekts TASBAH durchgeführt wurde, zeigt auf, dass die psychologischen und materiellen Folgen dieser Tat erheblich sind und weitreichende Hilfe erforderlich machen.

Die Studie wurde von der Berliner Sozialpsychologin Karin Mlodoch vorgestellt und hebt hervor, dass die Betroffenen nicht nur unter den unmittelbaren Folgen des Anschlags leiden, sondern auch mit langfristigen Herausforderungen konfrontiert sind. Diese beinhalten unter anderem massive Gewalt- und Verlusttraumata, die sowohl materielle als auch immaterielle Auswirkungen haben.

Herausforderungen bei der Unterstützung

Ein zentrales Anliegen der Studie ist die Forderung nach Entlastung der Überlebenden und Hinterbliebenen bei der Beantragung von existenzsichernden Leistungen sowie bei medizinisch-psychologischen Hilfen. Mlodoch betont, dass es wichtig sei, die Mitarbeitenden in Behörden für die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen zu sensibilisieren. Dies könnte durch die Benennung spezifischer Ansprechpartner in den zuständigen Ämtern geschehen, die die Anliegen der Betroffenen koordinieren.

Die Studie kritisiert zudem, dass die Betroffenen häufig in einen ständigen Kampf mit den Behörden verwickelt sind, um ihre Rechte durchzusetzen. Heike Kleffner, eine Vertreterin des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG), betont die Notwendigkeit, bestehende Beratungsangebote wie die Response Hessen zu stärken, um den Betroffenen die notwendige Unterstützung zu bieten.

Erfahrungen der Betroffenen

Die persönlichen Berichte von direkt Betroffenen verdeutlichen die Dringlichkeit der geforderten Maßnahmen. Said Etris Hashemi, der den Anschlag überlebte und seinen Bruder verlor, beschreibt die traumatisierenden Erfahrungen im Umgang mit den Behörden. Viele Angehörige seien durch die bürokratischen Hürden, wie das Ausfüllen von Anträgen und das ständige Nachweisen von bleibenden Schäden, stark belastet.

Ähnlich äußert sich Niculescu Paun, dessen Sohn bei dem Anschlag getötet wurde. Er schildert, dass die Nerven der Angehörigen durch den Umgang mit staatlichen Stellen stark strapaziert sind. Diese Berichte unterstreichen die Notwendigkeit für eine umfassende und einfühlsame Unterstützung, die über die unmittelbare Hilfe hinausgeht.

Politische Reaktionen

Der Oberbürgermeister von Hanau, Claus Kaminsky, hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet und betont, dass die Angehörigen in ihren Anliegen nicht alleine gelassen werden dürfen. Er appelliert an die Bundesregierung, die finanziellen Ressourcen für die notwendige Unterstützung langfristig sicherzustellen. Das Beratungsprojekt TASBAH wird derzeit vom Bundesfamilienministerium finanziert, was die Bedeutung staatlicher Unterstützung in dieser sensiblen Angelegenheit unterstreicht.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die Unterstützung für Überlebende und Angehörige von Anschlägen nicht nur eine kurzfristige Maßnahme ist, sondern eine langfristige Verpflichtung erfordert. Die Herausforderungen, mit denen die Betroffenen konfrontiert sind, sind vielschichtig und erfordern ein koordiniertes Vorgehen von Behörden, Beratungsstellen und der Gesellschaft insgesamt. Nur durch eine umfassende Unterstützung kann den Opfern und ihren Familien geholfen werden, die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten und eine Perspektive für die Zukunft zu entwickeln.

Die Studie und die damit verbundenen Forderungen sind ein wichtiger Schritt in Richtung einer besseren Unterstützung für die Betroffenen von Extremismus und Gewalt in Deutschland.

Quellen: dpa, Zeit Online

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