10.12.2024
Leeres Sednaya Suche nach Vermissten geht weiter

Ehemaliges syrisches Militärgefängnis Sednaya leer – Aktivisten finden keine weiteren Häftlinge

Das berüchtigte Militärgefängnis Sednaya in der Nähe von Damaskus ist nach dem Sturz des Assad-Regimes offenbar leer. Aktivisten, darunter die Weißhelme, haben die weitläufige Anlage vollständig durchsucht, ohne weitere Gefangene zu finden. Die systematische Suche nach versteckten Zellen und Kellerräumen blieb erfolglos. Die Weißhelme sprachen den Familien vermisster Angehöriger ihr Beileid aus, die die Hoffnung gehegt hatten, ihre Verwandten lebend in Sednaya zu finden. Das Gefängnis war aufgrund der dort praktizierten Foltermethoden und der brutalen Behandlung der Insassen als „Schlachthaus“ bekannt, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet.

Der Leiter der Weißhelme, Raid Al Saleh, schätzt die Gesamtzahl der in Sednaya Inhaftierten auf etwa 150.000 Menschen. Darunter befanden sich nach Angaben der Organisation Tausende unschuldiger Zivilisten, die vom Assad-Regime willkürlich inhaftiert wurden. Nach der Erstürmung des Gefängnisses durch Oppositionskräfte gab es Vermutungen über noch inhaftierte Personen in verborgenen Zellen oder Geheimgängen. Diese Hoffnungen haben sich nun zerschlagen, wie die Tagesschau berichtet.

Fünf Suchteams, unterstützt von Spürhunden und ortskundigen Personen, durchkämmten die gesamte Anlage. Laut den Weißhelmen wurden sämtliche Zu- und Abgänge, Lüftungsschächte, Abwasserleitungen, Wasserrohre, Kabelschächte und Überwachungskameras überprüft. Trotz der intensiven Suche konnten keine weiteren versteckten oder verschlossenen Bereiche entdeckt werden. Die Suche nach den vermissten Opfern des Assad-Regimes geht jedoch weiter, da auch außerhalb des Gefängnisses Massengräber vermutet werden und zahlreiche Leichen identifiziert werden müssen. Die Morgenpost berichtet von Plünderungen in Assads Palast und seiner Privatresidenz.

Der Anführer der siegreichen islamistischen Kämpfer, Abu Mohammed al-Dscholani, Chef der Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), kündigte in einem Telegram-Post die Veröffentlichung einer Liste mit Namen von ehemaligen Regimeangehörigen an, die an Folterungen beteiligt waren. Die Liste soll die Namen der ranghöchsten Beamten enthalten, die in die Folter des syrischen Volkes verwickelt waren. Al-Dscholani versprach zudem Belohnungen für Informationen über hochrangige Armee- und Sicherheitsoffiziere, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren, und forderte deren Auslieferung aus ihren Zufluchtsländern. Gleichzeitig kündigte er eine Amnestie für diejenigen an, die zum Militärdienst gezwungen wurden und nicht an Kriegsverbrechen beteiligt waren.

Die USA haben Anklage gegen zwei ehemalige syrische Geheimdienstmitarbeiter wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erhoben. Den beiden Offizieren der syrischen Luftwaffe wird vorgeworfen, während des Bürgerkriegs grausame und unmenschliche Behandlungen an zivilen Gefangenen, darunter auch US-Bürger, verübt zu haben. Haftbefehle wurden ausgestellt, die Beschuldigten sind jedoch weiterhin auf freiem Fuß, wie das US-Justizministerium mitteilte.

Großbritannien und Italien haben, wie auch Deutschland, ihre Asylverfahren für Menschen aus Syrien vorläufig ausgesetzt. Die italienische Regierung unter Giorgia Meloni begründet dies mit der veränderten Lage in Syrien und der Angleichung an andere europäische Partner. Auch das britische Innenministerium gab bekannt, Entscheidungen über Asylanträge von Syrern auszusetzen, während die aktuelle Situation überprüft wird. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Deutschland hat ebenfalls alle Entscheidungen über Asylanträge aus Syrien vorerst gestoppt, wie die Tagesschau berichtet.

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