Der italienische Bildungsminister Giuseppe Valditara hat den Schriftsteller Nicola Lagioia verklagt, nachdem dieser den sprachlichen Stil eines Tweets des Ministers kritisiert hatte. Wie Lagioia auf Facebook mitteilte, bezieht sich die Klage auf seine Äußerungen in der Rai-3-Talkshow „Chesarà …“ im März dieses Jahres. Dort hatte er Valditaras Tweet, in dem dieser eine Begrenzung der Anzahl ausländischer Schüler im Italienischunterricht befürwortete, als „schlecht geschrieben“ bezeichnet (Frankfurter Allgemeine Zeitung).
Der Lega-Politiker Valditara hatte in dem besagten Tweet die Idee einer Quotenregelung für ausländische Schüler*innen in italienischen Klassen vorgeschlagen, um das Bildungs- und Sprachniveau zu gewährleisten. Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung existiert eine solche Regelung bereits seit 2010. Der Tweet sorgte dennoch aufgrund seiner sprachlichen Qualität für Spott in den sozialen Medien und Kritik vonseiten der Opposition. Valditara rechtfertigte sich später damit, den Tweet per Diktierfunktion in sein Handy eingegeben und dabei nur auf den Inhalt geachtet zu haben.
In der Talkshow „Chesarà …“ diskutierte man unter anderem über diesen Tweet. Lagioia äußerte die Vermutung, dass viele Kinder von Migranten die italienische Sprache besser beherrschten als der Minister, dessen Tweet er als „vollkommen ungrammatisch“ bezeichnete. Er spekulierte sogar, dass viele dieser Schüler einen Italienischtest bestehen würden, während der Minister durchfallen könnte.
Die Klage gegen den Premio-Strega-Preisträger von 2015 hat im italienischen Kulturbetrieb für Aufsehen gesorgt und eine Welle der Solidarität mit Lagioia ausgelöst. Der Schriftsteller ist für seine Debattierfreudigkeit und sein sachliches Engagement bekannt.
Valditara fordert 20.000 Euro Schadenersatz. Sein Anwalt betonte den zivilrechtlichen Charakter der Forderung, der die Meinungsfreiheit nicht einschränken solle. Lagioia interpretiert die Klage dennoch als Einschüchterungsversuch. Er habe als Schriftsteller selbst schon weit bösartigere Kritik erhalten, ohne je zu klagen. Dass ein Minister anders reagiere, findet er bedenklich.
Lagioia stellte seinen Roman „Die Stadt der Lebenden“ im Oktober 2023 unter anderem in München und Frankfurt vor (Istituto Italiano di Cultura Monaco und Berlin). Der Roman handelt von einem Mordfall in Rom und beleuchtet die Schattenseiten der Stadt. Verena von Koskull, die Übersetzerin des Romans, begleitete Lagioia bei einigen Lesungen und sprach über die Herausforderungen der Übersetzung (Casa di Goethe Rom).
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