1.12.2024
Münklers Analyse: Deutschlands Zwiespalt Zwischen Völkerrecht Und Realpolitik

Deutschlands Dilemma im Völkerrecht: Eine Analyse von Herfried Münkler

Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler analysiert in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) die schwierige Position Deutschlands im Spannungsfeld zwischen internationalem Recht und politischen Interessen, insbesondere im Hinblick auf den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Am Beispiel eines hypothetischen Haftbefehls gegen einen israelischen Premierminister verdeutlicht Münkler die besondere Herausforderung für Deutschland. Laut FAZ argumentiert Münkler, dass die Bundesrepublik durch ihre starke Bindung an das Völkerrecht und die zunehmende Juridifizierung internationaler Beziehungen in einen Konflikt geraten könnte, sollte ein israelischer Premierminister, gegen den ein Haftbefehl des IStGH vorliegt, deutsches Territorium betreten. Obwohl Deutschland dem Völkerrecht verpflichtet sei, hält Münkler die Verhaftung eines israelischen Regierungschefs in Deutschland für praktisch ausgeschlossen. Dies verdeutliche die "Zwickmühle", in der sich Deutschland befinde. Die deutsche Haltung, sich strikt an Recht und Gesetz zu halten, steht im Gegensatz zur Kritik anderer Länder, wie der USA oder Italien, am IStGH. Münkler zieht in der FAZ einen historischen Vergleich und betont, dass der IStGH keine universelle Autorität besitze, da wichtige Akteure wie die USA, China und Russland dessen Entscheidungen nicht anerkennen. Deutschland befinde sich aufgrund seiner starken Verbundenheit mit dem Gerichtshof in einer besonders prekären Lage. Die Debatte um Sanktionen gegen Unterstützer des IStGH unter Donald Trump wertet Münkler als weiteres Indiz für die zunehmende Spaltung des Westens, sowohl in wertepolitischer als auch geopolitischer Hinsicht. Er zitiert den amerikanischen Politikwissenschaftler John Ikenberry, der Trumps Politik als Angriff auf westliche Grundwerte wie Multilateralismus, Freihandel und Menschenrechte betrachtet. Im FAZ-Interview unterstreicht Münkler die Bedeutung des amerikanischen Atomwaffenschutzes für Europa und hofft auf eine Rückkehr der USA zu ihrer traditionellen Politik nach einer möglichen zweiten Amtszeit Trumps. Er beobachtet eine Schwächung des Westens in den letzten zehn Jahren und eine Abnahme seiner Attraktivität, insbesondere im globalen Süden. Den Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen in Europa und den USA führt Münkler unter anderem auf das Ende eines langen Konjunkturzyklus und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Ängste der Bevölkerung zurück. Er kritisiert die zögerliche Reaktion Europas auf illiberale Demokratien innerhalb der EU und sieht einen Konstruktionsfehler im Austrittsmechanismus der Union. Münkler räumt in der FAZ ein, dass die westlichen Eliten Fehleinschätzungen in Bezug auf Migration, Kriege und Globalisierung getroffen haben, begründet diese jedoch mit den westlichen Werten. Demgegenüber stehe die opportunistisch-okkasionelle Politik Trumps. Abschließend mahnt Münkler vor einer weiteren Erosion des Westens und sieht Demokratien im strategischen Wettbewerb mit Autokratien benachteiligt. Quellen: - Frankfurter Allgemeine Zeitung: [https://www.faz.net/aktuell/politik/herfried-muenkler-ueber-haftbefehl-gegen-netanjahu-wir-sitzen-besonders-in-der-patsche-110143648.html](https://www.faz.net/aktuell/politik/herfried-muenkler-ueber-haftbefehl-gegen-netanjahu-wir-sitzen-besonders-in-der-patsche-110143648.html) - dpa (im Zusammenhang mit dem Messerangriff von Mannheim, Quelle im bereitgestellten Datenmaterial enthalten)
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