19.10.2024
Nato-Ukraine-Rat erörtert sicherheitspolitische Herausforderungen in Brüssel

Lage im Überblick: Nato-Ukraine-Rat kommt zusammen

Am 28. August 2024 hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf Bitten der ukrainischen Regierung eine Sitzung des Nato-Ukraine-Rats einberufen. Dieses Treffen, das in Brüssel stattfindet, soll sich auf die aktuelle militärische Lage in der Ukraine konzentrieren und die wichtigsten Bedürfnisse des Landes im Angesicht der anhaltenden russischen Aggression erörtern. Farah Dakhlallah, Sprecherin des Bündnisses, erklärte, dass der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow per Videokonferenz an dem Treffen teilnehmen wird.

Die Dringlichkeit dieser Sitzung wird durch die jüngsten schweren Angriffe Russlands auf ukrainische Infrastruktur und Zivilisten unterstrichen. In den vergangenen Nächten hat Russland wiederholt Luftangriffe auf verschiedene Städte in der Ukraine durchgeführt. Nach ersten Berichten der ukrainischen Behörden wurden mindestens vier Menschen getötet, darunter zwei durch einen Raketentreffer auf ein Hotel in Krywyj Rih und zwei weitere bei Drohnenangriffen auf Saporischschja. Diese Angriffe haben in vielen Regionen der Ukraine, insbesondere im Osten und auf der von Russland annektierten Krim, zu Luftalarm geführt.

Präsident Wolodymyr Selenskyj hat auf den Angriff reagiert und erklärt, dass die Ukraine Russland auf diese und alle anderen Attacken unzweifelhaft antworten werde. Dies verdeutlicht die Entschlossenheit der ukrainischen Führung, die nationale Souveränität und Sicherheit des Landes zu verteidigen.

Hintergrund des Treffens

Der Nato-Ukraine-Rat wurde erstmals im vergangenen Jahr während des Nato-Gipfels in Litauen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs ins Leben gerufen. Dieses Gremium wurde speziell für den Austausch in Krisensituationen geschaffen, um die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Ukraine zu stärken. Die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine, insbesondere die wiederholten und intensiven Angriffe aus Russland, machen die Notwendigkeit eines solchen Dialogs besonders deutlich.

In der Nacht vor dem Treffen kam es zudem zu Explosionen in russischen Öllagern im Gebiet Rostow, was Berichten zufolge auf den Abschuss von feindlichen Drohnen zurückzuführen ist. Der Gouverneur des Gebiets, Wassili Golubew, meldete, dass keine Verletzten zu verzeichnen seien, jedoch blieben die genauen Schäden unklar, da die Informationen nicht unabhängig überprüft werden konnten.

Militärische Lage in der Ostukraine

Die russischen Streitkräfte setzen ihre Offensive in der Ostukraine fort, insbesondere rund um den Donbass. In der Umgebung der Stadt Torezk kam es zu schweren Kämpfen, während der ukrainische Generalstab berichtete, dass neun Angriffe der russischen Truppen abgewehrt wurden. Bei Pokrowsk wurden 25 Angriffe registriert, die ebenfalls abgewehrt werden konnten. Diese Informationen sind jedoch nicht unabhängig verifiziert.

Selenskyj beschrieb die Lage als äußerst angespannt und betonte, dass die Kräfteverhältnisse zwischen den ukrainischen und russischen Truppen gleichmäßig verteilt seien. „Sie sind 100.000, wir sind 100.000“, sagte er und wies darauf hin, dass die russischen Soldaten unter Druck stünden, weiter anzugreifen, da ein Rückzug mit schweren Konsequenzen verbunden sein könnte.

In Tschassiw Jar, einem weiteren Brennpunkt der Kämpfe, berichteten ukrainische Militärsprecher von einer anhaltend hohen Intensität der Angriffe. „Früher erlebten wir täglich zwischen 10 und 20 Angriffe russischer Sturmtruppen“, erklärte Oleh Kalaschnikow, Pressesprecher der ukrainischen Brigade vor Ort. Die Zerstörungen in Tschassiw Jar seien erheblich, die Stadt sei mittlerweile stark beschädigt.

Analysen und Einschätzungen

Der ehemalige Kommandeur der US-Truppen in Europa, General Ben Hodges, äußerte sich zu den aktuellen militärischen Entwicklungen und sah im langsamen Vorrücken der russischen Truppen von Awdijiwka nach Pokrowsk keine unmittelbare Gefahr für die Ukraine. Er stellte fest, dass Russland im Februar Awdijiwka eingenommen hat und erst jetzt, mehrere Monate später, in die Nähe von Pokrowsk gelangt. „Das sind nicht gerade die schnellen Schläge von Marschall Schukow“, sagte Hodges und verglich die gegenwärtige Situation mit den militärischen Strategien des Zweiten Weltkriegs.

Hodges wies darauf hin, dass die russischen Streitkräfte möglicherweise versuchen könnten, in anderen Teilen der Front Durchbrüche zuzulassen, um später zuzuschlagen. Er äußerte jedoch Zweifel an der Fähigkeit und den Ressourcen der russischen Truppen, diese Taktik erfolgreich umzusetzen, und erinnerte daran, dass viele der besten sowjetischen Soldaten ukrainischer Herkunft waren.

Russlands Position

In einem weiteren Kontext äußerte sich der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew und betonte die Notwendigkeit, die von Russland annektierten Gebiete in der Ukraine zu schützen. Er erklärte, dass Russland alle Möglichkeiten habe, diese Ziele zu erreichen. Medwedew sprach von den Regionen Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk, die Russland als Teil seines Staatsgebiets betrachtet, und betonte, dass diese Gebiete verteidigt werden müssten.

Die meisten Ziele, die Moskau mit seiner „Spezialoperation“ verfolgt, seien erreicht, so Medwedew, und es gebe nun andere Ziele, die ebenfalls reale Konsequenzen vor Ort haben sollten. Unklar bleibt, ob dies möglicherweise weitere Gebietseroberungen zur Schaffung von Pufferzonen um die annektierten Gebiete bedeutet.

Insgesamt zeigt die Zusammenkunft des Nato-Ukraine-Rats und die damit verbundenen Entwicklungen, dass die militärische Lage in der Ukraine weiterhin angespannt ist und die internationale Gemeinschaft, insbesondere die NATO, sich aktiv mit den Herausforderungen und Bedürfnissen der Ukraine auseinandersetzt.

Quellen: dpa, Zeit Online

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