25.10.2024
Özdemir und der Kampf um Baden-Württemberg

Cem Özdemir: Der „Superrealo“ auf dem Weg nach Stuttgart

Cem Özdemirs Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg wirft hohe Wellen. Der Bundeslandwirtschaftsminister und gebürtige Bad Uracher strebt die Nachfolge von Winfried Kretschmann an, wie er am 25. Oktober 2024 offiziell bekannt gab. Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (F.A.S.) berichtet, setzt Özdemir dabei stark auf seine Person und weniger auf klassische grüne Themen. Sein Erfolg oder Misserfolg könnte richtungsweisend für die Zukunft der realpolitischen Grünen sein.

Die Ausgangslage ist komplex. Baden-Württemberg befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise, die gesellschaftliche Stimmung ist angespannt, und die von den Grünen vorangetriebene ökologische Transformation stockt, wie die F.A.S. analysiert. Özdemir, der einst erste türkischstämmige Bundestagsabgeordnete, steht vor der Herausforderung, das Erbe Kretschmanns in einem schwierigen politischen Klima zu sichern.

Özdemir hat sich laut F.A.S. gut auf diese Aufgabe vorbereitet. So positionierte er sich vor seiner Kandidatur deutlich in der Migrationsfrage. In einem Beitrag für die F.A.Z. betonte er die Notwendigkeit, illegale Migration zu bekämpfen und gleichzeitig die Integration derjenigen zu fördern, die legal im Land sind. Seine Wahlkampfstrategie zielt, wie die F.A.S. schreibt, auf die politische Mitte und das Herz der CDU. Ökologische Themen treten in den Hintergrund, stattdessen stehen Wirtschaft, Mittelstand und technologischer Fortschritt im Fokus. Die Personalisierung des Wahlkampfs, ähnlich einer Oberbürgermeisterwahl, soll den Wählern die Entscheidung erleichtern.

Die CDU, mit ihrem wahrscheinlichen Spitzenkandidaten Manuel Hagel, will nach 15 Jahren wieder die Regierung führen. Der Spiegel berichtet, dass die CDU derzeit als Protestpartei gegen die Ampelregierung und die von Angela Merkel verantwortete Migrationspolitik punktet. Die politische Landschaft hat sich verändert, und Parteien funktionieren heute, wie die F.A.S. beschreibt, als „mediale Umwälzanlagen“, die Stimmungen in Wählerstimmen verwandeln. Das zeigt auch der Aufstieg des Wagenknecht-Bündnisses.

In diesem Kontext wird die Wahl in Baden-Württemberg, so die F.A.S., zunehmend zu einer Persönlichkeitswahl. Özdemir bringt Charisma, Regierungserfahrung und außenpolitischen Sachverstand mit. Hagel setzt auf die antigrüne Stimmung, Jugendlichkeit und einen politischen Neustart mit der SPD. Der Wahlkampf verspricht, lang und hart zu werden.

Die Reaktionen auf Özdemirs Kandidatur sind gemischt. Während die Grünen im Bund und im Land die Entscheidung begrüßen, wie die Tagesschau und der Spiegel berichten, äußert sich die Opposition kritisch. Die CDU wirft Özdemir vor, Baden-Württemberg als „Plan B“ zu sehen, nachdem seine Karriere in der Bundespolitik ins Stocken geraten sei. Die AfD sieht in seiner Kandidatur ein „Wahlkampfgeschenk“, wie die Tagesschau berichtet. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnet Özdemirs Vorhaben als „mission impossible“, räumt ihm aber dennoch eine Chance ein.

Özdemirs Vergangenheit ist geprägt von Höhen und Tiefen. Der Spiegel erinnert an die Affären um Bonusmeilen und einen Privatkredit, die ihn 2002 zum Rücktritt aus dem Bundestag zwangen. Nach einem Intermezzo im Europaparlament kehrte er in die Bundespolitik zurück und wurde 2021 Bundeslandwirtschaftsminister. Nun wagt er den Sprung zurück in die Landespolitik.

Ob Özdemir das Erbe Kretschmanns antreten kann, wird sich zeigen. Der Wahlkampf in Baden-Württemberg hat begonnen, und die Wähler werden entscheiden, welchem Kandidaten sie ihre Zukunft anvertrauen.

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