19.10.2024
Politische Veränderungen in Thüringen und Sachsen nach den Landtagswahlen 2024

Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen: Ohne die AfD wäre die CDU nur halb so stark

Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen, die am 1. September 2024 stattfanden, haben signifikante Veränderungen in der politischen Landschaft dieser beiden Bundesländer mit sich gebracht. Ein zentrales Ergebnis der Wahlen ist, dass die AfD in Thüringen erstmals stärkste Kraft wurde, während die CDU in Sachsen nur knapp vor der AfD blieb. Diese Entwicklungen werfen ein Schlaglicht auf die Dynamik der Wählerverhalten und die Herausforderungen, vor denen die etablierten Parteien stehen.

Wahlverlauf und Ergebnisse

In Thüringen erzielte die AfD laut Hochrechnungen 30,5 Prozent der Stimmen, was ihr eine klare Führungsposition im Landtag sicherte. Die CDU folgte mit 24,5 Prozent, während das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 16 Prozent drittstärkste Kraft wurde. Die Linke, die unter Ministerpräsident Bodo Ramelow regiert, fiel auf 12,5 Prozent, und die SPD konnte mit 7 Prozent gerade so den Einzug in den Landtag sichern. Die Grünen und die FDP blieben unter der Fünfprozenthürde.

In Sachsen war die Situation ähnlich angespannt. Hier konnte die CDU mit 31,5 Prozent die Wahl für sich entscheiden, jedoch nur knapp vor der AfD, die 30 Prozent der Stimmen erhielt. Die Linke fiel auf 4 Prozent, während die Grünen mit 5,5 Prozent und die SPD mit 8,5 Prozent ebenfalls schwache Ergebnisse erzielten. Das BSW konnte in Sachsen ebenfalls 12 Prozent erreichen.

Die Rolle der AfD

Die AfD hat sich in beiden Bundesländern als ernstzunehmende politische Kraft etabliert. Eine Umfrage von Infratest Dimap zeigt, dass jeder zweite Wähler in Sachsen und Thüringen die AfD aus Überzeugung wählt. Dies stellt einen signifikanten Wandel dar, da die Partei ursprünglich als Protestbewegung begann. Die AfD hat in mehreren Kompetenzfeldern, einschließlich sozialer Gerechtigkeit, das Vertrauen der Wähler gewonnen und liegt in Thüringen in fünf von neun abgefragten Bereichen vorn.

Die jüngsten Skandale und die Einstufung des Thüringer Landesverbands als „gesichert rechtsextrem“ durch den Verfassungsschutz scheinen die Wähler nicht abzuschrecken. Stattdessen hat die AfD, trotz ihrer umstrittenen Positionen, einen stabilen Stammwählerkreis aufgebaut.

Einfluss der CDU

Die CDU hat in beiden Bundesländern unter Druck gestanden, insbesondere in Thüringen, wo sie auf die Unterstützung der Wähler angewiesen ist, die aus Angst vor einem zu starken Einfluss der AfD ihre Stimme der CDU geben. Über 50 Prozent der CDU-Wähler gaben an, nur aus diesem Grund für die CDU gestimmt zu haben. Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Carsten Linnemann, bezeichnete die CDU nach den Wahlen als „Bollwerk“ gegen die AfD. Diese Sichtweise verdeutlicht jedoch auch die Schwäche der CDU, da ohne die AfD ihre Stimmenzahl erheblich geringer wäre.

Wählerverhalten und Trends

Die Wahlen zeigen einen klaren Trend: Immer weniger Bürger wählen die CDU aus Überzeugung. In der Vergangenheit war die Wahl der CDU oft ein Protest gegen die Bundesregierung, doch dieser Trend hat sich verfestigt. Für den Bundesvorsitzenden Friedrich Merz sind die Ergebnisse in den ostdeutschen Bundesländern von besonderer Bedeutung, da sie Einfluss auf die Diskussion über den nächsten Kanzlerkandidaten haben könnten.

Die Ampelparteien, bestehend aus SPD, Grünen und FDP, haben in beiden Bundesländern schwach abgeschnitten. In Thüringen erreichten sie zusammen gerade einmal zweistellige Ergebnisse, was die Herausforderungen für diese Parteien in Ostdeutschland unterstreicht. Die Grünen rutschten in Thüringen unter die Fünfprozenthürde, und die FDP konnte in beiden Landtagen nicht mehr vertreten sein.

Demografische Unterschiede und Wählergruppen

Ein weiterer interessanter Aspekt der Wahlen ist das Wählerverhalten in verschiedenen Altersgruppen. Wie bereits bei der Europawahl konnten die Ampelparteien die jüngeren Wähler im Alter von 18 bis 24 Jahren nicht überzeugen. In dieser Altersgruppe liegt die AfD klar vorn, was auf eine strategische Ausrichtung der Partei auf Plattformen wie TikTok hinweist, die bei jungen Menschen beliebt sind.

Die Linke, die in Thüringen traditionell stark war, hat ebenfalls an Unterstützung verloren. Trotz der hohen Sympathiewerte für Ministerpräsident Bodo Ramelow konnte die Partei nur durch den Gewinn von zwei Direktmandaten im Landtag bleiben. In Sachsen hingegen hätte die Linke ohne diese Mandate möglicherweise den Einzug in den Landtag verpasst.

Koalitionsmöglichkeiten und politische Zukunft

Die politischen Landschaften in Thüringen und Sachsen stehen vor der Herausforderung, stabile Regierungskoalitionen zu bilden. In Thüringen ist die CDU auf die Linke angewiesen, um eine Mehrheit zu erreichen, was jedoch den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU mit der Linken ignorieren würde. Dies könnte zu weiteren Spannungen innerhalb der CDU führen, die sich in einer schwierigen Position befindet.

Die nächste Landtagswahl in Brandenburg steht am 22. September an, und es bleibt abzuwarten, ob die Themen Migration und Kriminalität, die auch in den aktuellen Wahlen eine Rolle spielten, weiterhin entscheidend sein werden. Die Bundesregierung wird unter Druck stehen, bis dahin klare Erfolge zu präsentieren, um das Wählervertrauen zurückzugewinnen.

Fazit

Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen haben die politische Landschaft in Ostdeutschland nachhaltig verändert. Die AfD hat sich als ernstzunehmende Kraft etabliert, während die CDU sich in einer defensiven Position befindet. Die Schwäche der Ampelparteien und die Herausforderungen bei der Regierungsbildung zeigen, dass die politischen Verhältnisse in diesen Bundesländern komplex und dynamisch sind. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie sich diese Entwicklungen auf die bundespolitische Landschaft auswirken werden.

Quellen: FAZ.NET, NZZ, Tagesschau, rbb24

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