21.10.2024
Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan: Uneinheitliche Datenlage erschwert Überblick

Wie viele syrische und afghanische Straftäter könnten abgeschoben werden?

Die Frage nach der Anzahl syrischer und afghanischer Staatsbürger in Deutschland, die schwere Straftaten begangen haben und abgeschoben werden könnten, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen unter anderem in der föderalen Struktur Deutschlands und den damit verbundenen Zuständigkeiten.

Auslöser für die Debatte um die Abschiebung von Straftätern aus diesen Ländern war unter anderem ein Vorfall in Mannheim Ende Mai. Ein afghanischer Asylbewerber, der bereits seit über zehn Jahren in Deutschland lebte, verletzte bei einem Messerangriff einen Polizisten tödlich und weitere Personen schwer. Dieser Vorfall befeuerte die Diskussion darüber, inwieweit Abschiebungen von in Deutschland straffällig gewordenen Asylbewerbern nach Afghanistan und Syrien möglich sind.

Als Reaktion auf die Bluttat in Mannheim und den anhaltenden öffentlichen Druck startete die Bundesregierung Ende August einen Abschiebeflug nach Kabul. An Bord befanden sich 28 afghanische Straftäter. Trotz dieses Schrittes bleibt die Frage nach der Gesamtzahl der ausreisepflichtigen Personen aus Syrien und Afghanistan unbeantwortet.

Die genaue Anzahl der abgeschobenen Personen ist nicht bekannt, da Abschiebungen in Deutschland grundsätzlich Ländersache sind. Weder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch das Bundesinnenministerium können auf Anfrage genaue Angaben dazu machen, wie viele syrische und afghanische Staatsbürger in Deutschland leben, die als schwere Straftäter oder Mehrfachtäter gelten und gleichzeitig vollziehbar ausreisepflichtig sind, aber über keine Duldung verfügen. „As reported by Der Standard“ berichtete bereits im September über diese Problematik.

Eine Anfrage der F.A.Z. bei den Innenministerien aller 16 Bundesländer ergab ein uneinheitliches Bild. Konkrete Zahlen nannte kaum ein Bundesland. Die Angaben reichten von „mittleren zweistelligen Zahlen“ bis hin zu Aussagen, dass eine derartige Statistik aufgrund der Komplexität der Datenlage nicht geführt wird. Einige Bundesländer, darunter Bremen und Berlin, verweigerten die Herausgabe von Zahlen unter Berufung auf die Geheimhaltungspflicht.

Bayern hingegen hat eine „Task Force Straftäter“ eingerichtet, um die Abschiebung von straffälligen Ausländern zu beschleunigen. Mitte Oktober bearbeitete diese Task Force 205 Fälle syrischer und 179 Fälle afghanischer Staatsangehöriger. Allerdings ist hier zu beachten, dass nicht alle dieser Personen auch tatsächlich abgeschoben werden können, da sie unterschiedliche Aufenthaltsstatus haben.

Hessen meldete Mitte Oktober 91 vollziehbar ausreisepflichtige Straftäter mit afghanischer Staatsangehörigkeit. Die Zahlen für syrische Staatsangehörige wurden zum Zeitpunkt der Anfrage noch erhoben. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) erklärte bereits Mitte Juli im Landtag, dass 37 Afghanen und 34 Syrer, die als „schwere Straftäter, Intensivtäter oder Gefährder“ gelten, ausreisepflichtig seien und keine Duldung besitzen.

Die uneinheitliche Datenlage zeigt die Problematik der Zuständigkeiten in Deutschland auf. Die Erhebung der relevanten Daten betrifft verschiedene Behörden, die häufig unterschiedlichen Landesministerien unterstehen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kriterien, nach denen jemand als Mehrfach- oder Intensivtäter eingestuft wird, von Bundesland zu Bundesland variieren.

Obwohl die genaue Anzahl der ausreisepflichtigen Personen aus Syrien und Afghanistan unklar bleibt, bedeutet dies nicht, dass keine Abschiebungen stattfinden. Im ersten Halbjahr 2024 wurden 787 Syrer und 740 Afghanen aus Deutschland abgeschoben. Allerdings wurden diese Personen nicht in ihre Heimatländer, sondern in andere Staaten gebracht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bekräftigte, dass nach dem Flug Ende August „zeitnah“ weitere Abschiebungen nach Afghanistan folgen sollen. Zudem werde geprüft, wie Abschiebungen von Straftätern nach Syrien organisiert werden könnten. Wie viele Personen tatsächlich für eine Abschiebung infrage kommen, bleibt jedoch weiterhin unklar.

Quelle: F.A.Z. (https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-viele-afghanen-und-syrer-koennten-abgeschoben-werden-110058832.html)

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