Die Frankfurter Paulskirche, Symbol der deutschen Demokratiebewegung von 1848/49, steht im Zentrum der Erinnerungskultur. 175 Jahre nach dem Zusammentreten der Nationalversammlung stellt sich die Frage nach dem Erbe dieser gescheiterten Revolution. War das Scheitern ein Vergehen am Vaterland, eine verpasste Chance zur Einigung und Demokratisierung?
Die Ereignisse von 1848, ausgelöst durch die Februarrevolution in Frankreich, erfassten auch die deutschen Länder. Wie die Hessische Landeszentrale für politische Bildung (HLZ) auf ihrer Website darstellt, war die Nationalversammlung in der Paulskirche der Höhepunkt dieser Bewegung. Die Forderung nach Volkssouveränität, Bürgerrechten, Presse- und Meinungsfreiheit sowie Rechtsstaatlichkeit prägten die Debatten. Die HLZ betont die Bedeutung dieser ersten parlamentarisch-demokratischen Initiative, die "für heute verfassungsrechtlich verwirklichte Werte" eintrat.
Doch die Revolution scheiterte. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnte die Kaiserkrone ab, die ihm die Nationalversammlung angeboten hatte. Die Verfassung, die in der Paulskirche erarbeitet worden war, trat nie in Kraft. Wie der Bundestag auf seiner Website berichtet, lehnte der preußische König die Verfassung am 3. April 1849 ab. Trotz der Anerkennung der Verfassung durch einige Bundesstaaten, konnte sie sich nicht durchsetzen und die Nationalversammlung wurde im Juni gewaltsam aufgelöst.
Die Frage nach den Gründen für das Scheitern ist komplex. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet beispielsweise über die Debatten um einen möglichen Umzug der Nationalversammlung nach Stuttgart im Mai 1849. Diese Diskussionen spiegeln die innere Zerrissenheit des Parlaments und die schwierigen politischen Verhältnisse wider. Die F.A.Z. zitiert aus den Sitzungsprotokollen und schildert die Argumente der Abgeordneten, die zwischen Frankfurt und Stuttgart schwankten.
Auch die gesellschaftlichen Verhältnisse spielten eine Rolle. Die Revolutionäre waren keine homogene Gruppe. Liberale, Demokraten und Republikaner verfolgten unterschiedliche Ziele. Wie die Hessenschau in einem Artikel zu den Revolutionären von 1848 darstellt, gab es eine Vielzahl von Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Hintergründen und Zielen, die die Bewegung prägten. Die Hessenschau porträtiert beispielsweise Robert Blum, Emma Herwegh und Carl Schurz, die exemplarisch für die Vielfalt der damaligen Demokraten stehen.
Trotz des Scheiterns blieb das Erbe der Paulskirche wirkmächtig. Die Grundrechte des deutschen Volkes, die in der Paulskirche formuliert wurden, waren Vorbild für spätere Verfassungen, insbesondere für das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Bundespräsident Steinmeier betonte in seiner Rede zum 175. Jahrestag der Nationalversammlung die Bedeutung der Paulskirche als "Schatz nationaler Bedeutung", wie die Tagesschau berichtet.
Die Frage, ob das Scheitern der Revolution von 1848/49 ein Vergehen am Vaterland war, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Es war eine Zeit des Umbruchs, in der die Weichen für die Zukunft Deutschlands gestellt wurden. Die Paulskirche bleibt ein Symbol für den Kampf um Demokratie und Freiheit, auch wenn dieser Kampf damals nicht zum Erfolg führte.