Mit Putin reden? Dem Kreml muss Stärke demonstriert werden
Der Krieg in der Ukraine und die Frage nach dem richtigen Umgang mit Russland dominieren weiterhin die politische Debatte. Ein Telefonat zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und Wladimir Putin im November 2024, über das die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtete, hat die Diskussionen neu entfacht. Während einige das Gespräch als wichtigen Schritt zur Deeskalation betrachten, sehen andere darin ein Zeichen der Schwäche gegenüber dem Kreml. Wie die F.A.Z. in einem Kommentar von Reinhard Veser argumentiert, sendet der Westen, insbesondere Deutschland, durch solche Gespräche und zögerliche Waffenlieferungen „fatale Signale“ nach Moskau. Der Kreml interpretiere dies als mangelnde Entschlossenheit und sehe sich in seiner aggressiven Haltung bestätigt.
Die russische Nukleardoktrin, die im November 2024 aktualisiert wurde, verdeutlicht die komplexe Bedrohungslage. Wie die F.A.Z. berichtet, ändert der Wortlaut der Doktrin zwar wenig an der offiziellen Position Moskaus, Atomwaffen nur als letztes Mittel zur Selbstverteidigung einzusetzen. Die willkürliche Auslegung durch die Machthaber und Putins wiederholtes Drohen mit dem Einsatz von Atomwaffen, um konventionelle militärische Aggressionen abzusichern, geben jedoch Anlass zur Sorge. Die Vorsicht des Westens bei der militärischen Unterstützung der Ukraine ist, laut F.A.Z., eine begründete Reaktion auf diese Bedrohung.
Die Freigabe Washingtons für die Ukraine, amerikanische Waffen für Angriffe auf russischem Territorium zu verwenden, hat die Spannungen weiter verschärft. Die F.A.Z. sieht einen möglichen Zusammenhang zwischen dieser Entscheidung und der Veröffentlichung der neuen russischen Nukleardoktrin. Der Kreml nutze die Situation, um auf die Politik und Öffentlichkeit im Westen einzuwirken und von den eigenen militärischen Zielen abzulenken.
Die Müdigkeit und der schwindende Wille vieler europäischer Staaten, die Ukraine weiterhin entschieden zu unterstützen, spielen Moskau in die Hände. Wie die F.A.Z. analysiert, sieht der Kreml die Wahlerfolge kremlfreundlicher Parteien in Deutschland und den zögerlichen Kurs der Bundesregierung bei Waffenlieferungen als Zeichen eines wachsenden Momentums zu seinen Gunsten. Das Telefonat zwischen Scholz und Putin wird in diesem Kontext als Rückfall in die Zeit vor dem Krieg interpretiert, als Gespräche mit der russischen Führung als Wert an sich betrachtet wurden.
Wie der BR berichtete, kritisierte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis Scholz' Haltung zu Taurus-Lieferungen und das Telefonat mit Putin. Er argumentierte, dass Gespräche nur aus einer Position der Stärke geführt werden sollten. Auch innerhalb Deutschlands gibt es unterschiedliche Meinungen zur Strategie gegenüber Russland. Während die Linke, wie vom BR berichtet, eine weitere Debatte über Taurus-Lieferungen ablehnt und auf Diplomatie setzt, fordern andere eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine.
Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für Verhandlungen mit Russland bleibt zentral. Wie die F.A.Z. betont, sind Gespräche nur sinnvoll, wenn die Bedingungen dafür gegeben sind. Derzeit zeige Putin jedoch kein Interesse an einem Dialog. Der Westen müsse durch stärkere Unterstützung der Ukraine und verstärkte Anstrengungen für die eigene Verteidigung die Voraussetzungen für sinnvolle Gespräche schaffen. Solange das von Putin geschaffene Regime an der Macht ist, wird es in Europa keinen stabilen Frieden geben. Diplomatie ist notwendig, aber ohne eine Demonstration der Stärke ist sie sinnlos. Diese Position wird auch von Experten wie Claudia Major geteilt, die im ZDF bezweifelt, dass ein schnelles Kriegsende, wie von einigen Politikern propagiert, realistisch ist, solange Russland seine Bedingungen diktieren kann.
Die Exil-Opposition Russlands, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, demonstrierte in Berlin gegen den Krieg und forderte den Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Auch innerhalb der Opposition gibt es jedoch unterschiedliche Ansichten darüber, wie weit die Unterstützung des Westens für Kiew gehen sollte.
Die DGAP-Analyse von Wilfried Jilge beleuchtet Putins Rhetorik und Ideologie, die den Krieg in der Ukraine rechtfertigen. Putins Konzept der „Russischen Welt“ und die These vom „geteilten Volk“ dienen als Begründung für die Annexion der Krim und die Aggression im Donbass. Diese Argumentation nivelliert die Unabhängigkeit der Nachbarländer und ignoriert die tatsächlichen Verhältnisse in der ukrainischen Gesellschaft.
Die ZEIT berichtet über die anhaltenden Kämpfe und die humanitäre Lage in der Ukraine. Die UN haben ein neues Hilfspaket angekündigt, um die Bevölkerung im Winter zu unterstützen. Gleichzeitig werden die Spannungen an der Grenze zu Russland durch anhaltende Angriffe verschärft.
Quellen:
- F.A.Z.: https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/mit-putin-reden-dem-kreml-muss-staerke-demonstriert-werden-110121507.html
- Newstral: https://newstral.com/de/article/de/1260375695/mit-putin-reden-dem-kreml-muss-st%C3%A4rke-demonstriert-werden
- F.A.Z.: https://www.faz.net/aktuell/
- BR24: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/russland-ukraine-krieg-im-news-ticker-vom-18-bis-24-november,UUT7vGE
- ZDF: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/scholz-putin-telefonat-100.html
- DGAP: https://dgap.org/de/forschung/publikationen/these-von-einem-volk
- ZEIT ONLINE: https://www.zeit.de/politik/ausland/ukraine-krieg-news-liveblog
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-russland-opposition-berlin-nawalnaja-jaschin-kara-mursa-putin-lux.3V3TB794iJQioji8wn1sCs?reduced=true