Der Glaubenssatz "Ich darf keine Schwäche zeigen" ist im Berufsleben weit verbreitet und kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Wie Ursula Kals in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) am 31.10.2024 berichtet, wachsen viele Menschen mit dem Anspruch auf Perfektion und Konfliktvermeidung auf, was dazu führt, dass sie sich selbst unter Druck setzen und Schwäche als Makel empfinden. Dieser Druck kann sich in übermäßigem Arbeitseinsatz, ständiger Erreichbarkeit und dem Gefühl äußern, niemals Fehler machen zu dürfen.
Claudia Sorg-Barth, Karrieretrainerin aus dem Münchener Umland, wird in der FAZ zitiert und bestätigt, dass der Glaube an die Notwendigkeit perfekter Leistung oft früh vermittelt wird. Dieser Glaubenssatz kann dazu führen, dass Mitarbeiter ihre eigenen Grenzen überschreiten und sich nicht trauen, Unterstützung zu suchen, aus Angst, als inkompetent wahrgenommen zu werden.
Wie HelloBetter in einem Artikel vom 21.04.2021 erläutert, entstehen Glaubenssätze oft in der Kindheit durch Erfahrungen und die Übernahme von Annahmen wichtiger Bezugspersonen. Sätze wie "Du bist nicht gut in Mathe" oder "Du bist zu schüchtern" können sich tief im Unterbewusstsein verankern und das Selbstbild sowie das Verhalten im Erwachsenenalter prägen. Auch spätere Erlebnisse, beispielsweise im Arbeitsumfeld, können den Glaubenssatz "Ich darf keine Schwäche zeigen" verstärken. Wer für Fehler oder mangelnde Kompetenz kritisiert wurde, versucht in Zukunft möglicherweise um jeden Preis, Schwächen zu verbergen.
Die Auswirkungen dieses Glaubenssatzes können vielfältig sein. Führungskräfte, die keine Schwäche zeigen wollen, geben möglicherweise weniger Verantwortung ab, nehmen weniger Feedback an und isolieren sich von ihrem Team. Mitarbeiter hingegen trauen sich vielleicht nicht, Probleme anzusprechen, um Hilfe zu bitten oder eigene Ideen einzubringen. Dies kann zu einer Atmosphäre des Misstrauens, der Angst und der verminderten Produktivität führen. Gudrun Happich, Führungskräfte-Coach, beschreibt in ihrem Artikel auf galileo-institut.de, wie wichtig es ist, als Führungskraft Emotionen und auch Verletzlichkeit zu zeigen, um nahbar und menschlich zu bleiben. Sie betont jedoch auch, dass es auf den Kontext und das Umfeld ankommt, wann und wie Schwäche gezeigt werden sollte.
Paradoxerweise kann das Zeigen von Schwäche im Beruf auch eine Stärke sein. Authentizität und Verletzlichkeit können Vertrauen schaffen und die Zusammenarbeit im Team fördern. Wie Tom Küchler in einem Artikel auf psylife.de vom 12.10.2023 schreibt, sind Glaubenssätze zwar Konstrukte unseres Geistes, aber wir verhalten uns oft so, als wären sie wahr. Es ist wichtig, hinderliche Glaubenssätze zu identifizieren und zu hinterfragen, um sie durch positive und förderliche Überzeugungen zu ersetzen. Das Eingeständnis von eigenen Grenzen und die Bereitschaft, um Hilfe zu bitten, können die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter steigern und eine Kultur des Miteinanders und der gegenseitigen Unterstützung fördern. Auch 7Mind beschreibt in einem Artikel, wie wichtig es ist, negative Glaubenssätze loszulassen und sich auf positive Dinge zu konzentrieren.
Der erste Schritt im Umgang mit dem Glaubenssatz "Ich darf keine Schwäche zeigen" ist die Bewusstmachung. Reflektieren Sie Ihre eigenen Verhaltensmuster und analysieren Sie, in welchen Situationen Sie Schwäche verbergen und warum. Im zweiten Schritt geht es darum, den Glaubenssatz zu hinterfragen. Ist es wirklich so, dass Sie keine Schwäche zeigen dürfen? Welche Konsequenzen hätte es, wenn Sie es täten? Oft stellen sich die befürchteten Konsequenzen als unbegründet heraus. Im dritten Schritt können Sie neue Verhaltensweisen ausprobieren. Beginnen Sie damit, in einem sicheren Umfeld kleine Schwächen zu zeigen und beobachten Sie, wie Ihr Umfeld reagiert. Mit der Zeit können Sie lernen, authentischer und offener mit Ihren Grenzen umzugehen und Schwäche als Teil Ihrer menschlichen Natur zu akzeptieren. BusinessVillage bietet in einem Artikel vom 13.06.2024 konkrete Tipps und Übungen, um negative Glaubenssätze zu erkennen und zu verändern.
Quellen: