2.12.2024
Siegfried Lenz Das unbekannte Radiowerk

Siegfried Lenz' frühe Radioarbeiten treten aus dem Schatten seiner Romane hervor

Der für Romane wie "Deutschstunde" und "Heimatmuseum" bekannte Schriftsteller Siegfried Lenz war in seinen jungen Jahren ein äußerst produktiver Autor für den Rundfunk. Dieser lange Zeit weniger beachtete Teil seines Schaffens rückt nun, zehn Jahre nach seinem Tod, durch die Veröffentlichung seiner Rundfunkstücke wieder in den Fokus der Öffentlichkeit, wie die Zeit am 02.12.2024 berichtete.

Die dreibändige Ausgabe "Siegfried Lenz. Rundfunkstücke" umfasst 164 Texte auf knapp 3.000 Seiten und ermöglicht erstmals einen umfassenden Einblick in Lenz' Wirken für den Rundfunk. Der Herausgeber Hans-Ulrich Wagner vom Hamburger Leibniz-Institut für Medienforschung – Hans-Bredow-Institut recherchierte fünf Jahre lang im Deutschen Literaturarchiv Marbach und verschiedenen Rundfunkarchiven, um dieses Werk zu erstellen. Die Historische Kommission der ARD und des NDR unterstützten das Projekt. Wagner beschreibt die Texte laut dpa als Zeugnis eines jungen Schriftstellers, der nach medialen Ausdrucksmöglichkeiten sucht und sich mit gesellschaftlichen und politischen Themen auseinandersetzt.

Lenz' Rundfunkarbeiten, die ab 1948 entstanden, umfassen Hörspiele, Features, Glossen und Essays. Viele der Motive, die später seine Romane prägen sollten – wie Schiffe, Tauchen und Angeln – finden sich hier bereits. Wagner betont gegenüber dpa, dass die Gesellschaftskritik, die später in der "Deutschstunde" ihren Höhepunkt findet, schon in seinen Rundfunkstücken angelegt ist. Der sachlich-prägnante Stil und die subtile Ironie, charakteristisch für Lenz' gesamtes Werk, ziehen sich durch die Texte bis in die 1970er Jahre. Wie der Tagesspiegel am 02.12.2024 berichtet, verarbeitete Lenz Alltagsbeobachtungen zu pointierten Momentaufnahmen seiner Zeit, mit denen er seinen Mitbürgern einen Spiegel vorhielt.

In "Die Nacht des Tauchers oder: Die Wracks von Hamburg" (1955) thematisiert Lenz den Umgang der Hamburger mit dem Krieg und seinen Opfern. Eine wohlhabende Dame beklagt die im Hafen liegenden Schiffswracks, während ein Taucher die Tragödie eines toten Matrosen in einem U-Boot entdeckt. In "Die neuen Stützen der Gesellschaft" (1956) persifliert Lenz den Snobismus der Hamburger Gesellschaft und zeigt die sozialen Veränderungen nach dem Krieg und den Aufstieg neureicher Kaufleute.

Nach dem Krieg arbeitete Lenz in Hamburg als Journalist für "Die Welt" und studierte Philosophie, Anglistik und Literaturwissenschaft. Wie der Tagesspiegel berichtet, arbeitete er über 30 Jahre, meist freiberuflich, für verschiedene Rundfunkanstalten, insbesondere für den NDR. Er war sogar als DJ im Radio tätig und stellte seine Lieblingsmusik vor. Die "Rundfunkstücke" bilden die Bände 23 bis 25 der auf 27 Bände angelegten Lenz-Werkausgabe, die 2026 bei Hoffmann & Campe erscheinen soll.

Wie NDR Kultur am 25.11.2024 berichtete, war Lenz mit seinem Rundfunkschaffen kein Einzelfall. Viele Autoren der Gruppe 47, darunter Günter Eich, Ilse Aichinger und Ingeborg Bachmann, verdienten ihren Lebensunterhalt mit Arbeiten für den Rundfunk. Lenz war jedoch der produktivste unter ihnen. In den 1950er Jahren war das Radio das dominierende Medium und das Hörspiel galt als Aushängeschild des kulturellen Programms.

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