Rauchen und Alkohol unterliegen wie selbstverständlich strengen Regeln. Warum tun wir uns so schwer, wenn es um Smartphones und soziale Medien geht? Ein Gastbeitrag.
Helmpflicht für Kinder, Autowarteschlangen vor Grundschulen, damit die Kinder sicher zur Schule kommen, abgebaute Spielplatz-Wasserpumpen, damit Kinder sich nicht die Finger quetschen, speziell beschnittene Bäume, damit Kinder dort nicht hinaufklettern können, um Unfälle durch unachtsames Klettern zu vermeiden. Und es gibt noch mehr Beispiele, die in diese Aufzählung passen: Nahrungsmittelverpackungen weisen auf Spuren von Allergenen in geringsten Mengen hin, Medikamente haben alle Beipackzettel, beim Kauf einer Maus für einen Computer wird gewarnt vor Rücken- und Handgelenkschmerzen, wenn man eine unachtsame Haltung einnimmt.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene verbringen weitaus mehr Zeit an Bildschirmen, als Experten empfehlen. Welche Folgen hat das für ihre Entwicklung? Durchschnittlich 4:15 Stunden verbringen 16- bis 19-Jährige täglich am Smartphone. Das ist das Ergebnis der jährlichen JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) aus dem Jahr 2023.
Die Wirklichkeit weicht dabei weit von der Empfehlung ab. Denn die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) empfiehlt in dieser Altersspanne eigentlich nur rund zwei Stunden Bildschirmzeit pro Tag. Zusätzlich zu den 4:15 Smartphone-Stunden gesellt sich bei Heranwachsenden auch noch Zeit vor dem Fernseher, Computer oder Tablet dazu.
Bildschirmnutzung beeinflusst die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung. Durch jeden Augenblick vor dem Smartphone, Fernseher oder Computer verpasse das Gehirn Zeit, um in der analogen Umwelt Erfahrungen zu machen. "Durch Bildschirmnutzung wird diese lernförderliche Freizeit verdrängt."
Dies führe wiederum zu verringerter Konzentrationsfähigkeit, sagt die Expertin: "Das ist ein ganz wichtiger Punkt dabei. Und ich würde auch sagen, fehlende Achtsamkeit gehört zu den Folgen. Also Achtsamkeit, sich aus einer Distanz mit Dingen zu beschäftigen."
In ihren Untersuchungen stellte Lovis Schmidt einen Zusammenhang zwischen Bildschirmnutzung und schlechteren schulischen Leistungen fest. Für sie ist das keine Überraschung. "Wenn eine Person außerhalb der Schulzeit viele Videospiele spielt, vergehen eben mal so drei, vier Stunden. In dieser Zeit geht Lernzeit verloren."
Die Forscherin appelliert daher: Wenn Bildschirme genutzt werden, sollten Heranwachsende im Gegenzug "auch raus an die frische Luft, um ihre eigenen Erfahrungen zu machen und Freizeitaktivitäten nachzugehen. Sport, Instrumente, Freunde treffen. Das ist alles wichtig, gerade in der Jugend."
Das Gehirn lernt vor dem Bildschirm nicht gut, weil es uns nicht leicht fällt, dort Sachen zu begreifen. Kinder nehmen alles in die Hand, sie begreifen ihre Umwelt. Das kann man vor dieser flachen Scheibe einfach nicht.
Wie lange dürfen Kinder am Smartphone sein, welche Regeln sollten Eltern setzen, um ihre Kinder vor den negativen Auswirkungen der Bildschirmzeit zu schützen? Die Antworten darauf sind vielfältig und sollten von Eltern und Erziehern gemeinsam gefunden werden.