Die quälende K-Frage der SPD: „Es hat einfach viel zu lange gedauert“
Die Diskussion um die Kanzlerkandidatur der SPD hat die Partei wochenlang in Atem gehalten. Frank Stauss, erfahrener Wahlkampfmanager und Autor des Buches „Höllenritt Wahlkampf“, verfolgte die Debatte mit Fassungslosigkeit. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, analysierte Stauss bereits 2018 die Gründe für die SPD-Niederlage von 2017 und identifizierte fehlende Geschlossenheit und unklare Inhalte als Hauptprobleme. Der damalige Kanzlerkandidat Martin Schulz wurde zum „tragischen Helden“. Die Analyse diente Lars Klingbeil als Blaupause für den erfolgreichen Wahlkampf 2021, in dem die SPD geschlossen auftrat und klare Schwerpunkte setzte. Die aktuelle Situation erinnert Stauss jedoch an 2017: „Das wirkt wie die Rückkehr der alten SPD“, wird er in der Süddeutschen Zeitung zitiert. Anstatt inhaltlicher Debatten dominierte die Frage, ob Olaf Scholz der richtige Kanzlerkandidat sei. Die Diskussion lenkte, so Stauss, von den eigentlichen politischen Themen ab und spielte der Union in die Karten.
Für Stauss war die Hängepartie eine Katastrophe. Die Süddeutsche Zeitung zitiert ihn mit den Worten: „Das war knapp“, bezugnehmend auf Pistorius‘ Verzicht auf die Kandidatur. Während für Friedrich Merz ein einfacher Slogan wie „Einfach gut regieren“ ausreiche, tue sich die SPD schwer, ein überzeugendes Wahlkampf-Narrativ zu finden. Stauss‘ Meinung war von Anfang an klar: Ein amtierender Kanzler, der nicht zurücktritt, ist selbstverständlich der Kandidat. Scholz habe das Kanzleramt nach 16 Jahren für die SPD erobert. Der ideale Zeitpunkt für die Nominierung wäre direkt nach dem Koalitionsbruch am 6. November gewesen, als Scholz Standing Ovations von der Fraktion erhielt. „Da hätte man am nächsten Morgen einen Vorstandsbeschluss per Rundruf machen sollen“, so Stauss in der Süddeutschen Zeitung. Pistorius hätte seine Nicht-Verfügbarkeit in 30 Sekunden klären können. „Es hat einfach viel zu lange gedauert.“
Durch das lange Offenhalten der K-Frage riskierte Pistorius, als illoyal zu erscheinen, was er nie sein wollte. Die öffentliche Debatte liefert den anderen Parteien Munition für den Wahlkampf. Stauss betont, dass der Respekt vor dem Kanzleramt gefehlt habe, besonders während Scholz‘ Abwesenheit beim G20-Gipfel. Die Debatte drehte sich nicht um Inhalte, sondern um spekulative Wahlchancen. Pistorius wurde zur Projektionsfläche. Die Annahme, dass ein kurzfristiger Kandidat keine Fehler mache, sei ein Trugschluss. Die SPD habe bereits mehrere „Sturzgeburten“ von Kanzlerkandidaten erlebt, die alle scheiterten: Steinmeier, Steinbrück, Schulz. Sympathiewerte allein gewinnen keine Wahlen. Im Wahlkampf werde es um Wirtschaft, Arbeit und Rente gehen – nicht Pistorius‘ Spezialgebiete. Die entscheidende Frage ist nun, ob die Kampagne die Zweifel an Scholz ausräumen kann. Constanze von Bullion argumentiert in einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung, dass Pistorius der einzige Sozialdemokrat sei, der Merz gefährlich werden könnte und Scholz den Weg für ihn freimachen sollte. Ein weiterer Artikel der Süddeutschen Zeitung thematisiert die Rolle von Pistorius als „dritter Mann“ in der Kandidatenfrage und erwähnt Franz Müntefering, der die ungeklärte Situation der SPD kritisiert.
Quellen:
- Süddeutsche Zeitung: SPD: der schlimmste Fall für einen Wahlkampagnen-Organisator (https://www.sueddeutsche.de/politik/spd-scholz-pistorius-kandidatendebatte-bundestagswahlen-lux.AQMBdEKsjo7R9BgK3X7Uz7)
- Süddeutsche Zeitung: Boris Pistorius könnte als Kanzlerkandidat gegen Friedrich Merz gewinnen (https://www.sueddeutsche.de/meinung/kommentar-scholz-pistorius-kanzlerkandidat-merz-spd-lux.3Dvp38S37TTeKb7YMR6oAU?reduced=true)
- newstral: K-Frage:„Die Rückkehr der alten SPD“ (https://newstral.com/de/article/de/1260442918/-es-hat-einfach-viel-zu-lange-gedauert-news)
- news-sensor: (http://www.news-sensor.net/de/politik/)
- Diverse weitere Quellen (Facebook, DNND, Reddit) wurden für Hintergrundinformationen genutzt, konnten aber aufgrund ihres Inhalts oder Formats nicht direkt zitiert werden.