Ein mutmaßlicher Justizskandal erschüttert Hannover. Ein Staatsanwalt, der maßgeblich an der Verurteilung einer Kokainbande beteiligt war, sitzt nun selbst in Untersuchungshaft. Ihm werden Bestechlichkeit, Geheimnisverrat und Strafvereitelung vorgeworfen. Der Fall wirft Fragen nach der Integrität des Verfahrens auf und sorgt für erhebliche Unruhe in der Öffentlichkeit.
Im Februar 2021 feierte die Justiz einen scheinbar großen Erfolg im Kampf gegen den Drogenhandel. Zollbeamte im Hamburger Hafen stellten rund 14 Tonnen Kokain sicher – wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, der größte Fund dieser Art in Europa zu diesem Zeitpunkt. In den folgenden Tagen kam es zu zahlreichen Festnahmen, darunter auch Mitglieder einer niedersächsischen Bande, die den Weitertransport der Drogen in die Niederlande organisiert haben soll. Wie die Süddeutsche Zeitung weiter ausführte, verurteilte das Landgericht Hannover die drei Männer zu Haftstrafen zwischen drei Jahren und neun Monaten und zwölfeinhalb Jahren. Der Haupttäter, Speditionskaufmann Jonas H., erhielt die höchste Strafe.
Nun aber steht der Erfolg der Ermittlungen in Frage. Der zuständige Staatsanwalt Yashar G. wurde festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Der Verdacht: Er soll die Drogenbande mit Informationen versorgt und so die Ermittlungen behindert haben. Wie unter anderem der Stern und der NDR berichteten, soll er die Bande vor einer bevorstehenden Razzia gewarnt haben, wodurch sich ein mutmaßlicher Kopf der Bande, Konstantinos S., in die Vereinigten Arabischen Emirate absetzen konnte. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt nun gegen ihren ehemaligen Kollegen.
Besonders brisant: Wie LTO berichtet, bestand der Verdacht gegen den Staatsanwalt bereits vor Beginn der Hauptverhandlung gegen die Drogenbande. Trotzdem durfte er an dem Verfahren mitwirken und war bis zur Urteilsverkündung im März 2023 im Gerichtssaal anwesend. Das Justizministerium Niedersachsen bestätigte die Festnahme und den Haftbefehl, der wegen Fluchtgefahr erlassen wurde. Weitere Details wurden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht genannt.
Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die zunehmende Einflussnahme der organisierten Kriminalität. Experten warnen seit langem vor der wachsenden Macht der Kokainmafia, insbesondere aus den Niederlanden und Belgien. Durch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in den dortigen Häfen verlagern die Drogenkartelle ihre Aktivitäten zunehmend nach Deutschland. Der Fall des hannoverschen Staatsanwalts könnte ein Beispiel für die erfolgreiche Infiltration staatlicher Institutionen durch die Drogenmafia sein.
Die CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag kritisiert das Justizministerium für sein Schweigen im Rechtsausschuss und fordert eine umfassende Aufklärung des Falls durch Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD). Der Fall sorgt für erhebliche Unruhe und stellt das Vertrauen in die Justiz auf eine harte Probe.
Die Ermittlungen dauern an. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Vorwürfe gegen den Staatsanwalt bestätigen und welche Konsequenzen sich daraus für die Justiz und die Politik ergeben.
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/panorama/kokain-drogenschmuggel-drogen-justiz-kriminalitaet-ok-hannover-lux.F8TBCWf1t4JnytRPQbhncA - LTO: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/staatsanwalt-kokain-mafia-niedersachsen - Stern: https://www.stern.de/panorama/verbrechen/hannover--staatsanwalt-in-u-haft-wegen-verdachts-auf-bestechlichkeit-35186518.html - NDR: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Zusammenarbeit-mit-Drogenkartell-Staatsanwalt-aus-Hannover-in-U-Haft,staatsanwalt186.html - Kettner Edelmetalle: https://www.kettner-edelmetalle.de/news/justizskandal-in-hannover-staatsanwalt-unter-verdacht-der-zusammenarbeit-mit-kokain-mafia-30-10-2024 - RND: https://www.rnd.de/panorama/hannover-staatsanwalt-wegen-verdachts-der-bestechlichkeit-in-untersuchungshaft-CCMHQRFNMNOVDHNPF5H2LVRJJM.html - Bild: https://www.bild.de/regional/hannover/hannover-staatsanwalt-als-maulwurf-der-kokain-mafia-in-u-haft-67212eb5b54ff317ce96a7fa