28.10.2024
Telefonische Krankschreibung Streitpunkt Zwischen Ärzten Und Politik

Ärzte kritisieren Ruf nach Abschaffung von telefonischer Krankschreibung

Die Debatte um die telefonische Krankschreibung hat angesichts steigender Krankenstände in Deutschland neue Brisanz erhalten. Während Arbeitgebervertreter die Regelung für den Anstieg verantwortlich machen und eine Rückkehr zum „bewährten Verfahren“ fordern, halten Ärztevertreter die telefonische Krankschreibung für eine sinnvolle Maßnahme zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens.

„Die Einführung der Telefon-AU war aus medizinischer Sicht sinnvoll und ist bisher eine der ganz wenigen erfolgreichen politischen Maßnahmen zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens“, sagte die Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, der „Rheinischen Post“ am Montag. Eine Abschaffung gefährde die Patientenversorgung, insbesondere in den kommenden Monaten mit erhöhtem Infektionsaufkommen.

Ähnlich äußerte sich Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt. „Ich bin sehr dafür, dass die telefonische Krankschreibung erhalten bleibt“, sagte Reinhardt gegenüber Bayern 2. Einen Zusammenhang zwischen der telefonischen Krankschreibung und dem hohen Krankenstand sieht Reinhardt nicht.

Die Möglichkeit, sich telefonisch krankschreiben zu lassen, war während der Corona-Pandemie eingeführt worden, um Arztpraxen zu entlasten und Infektionsketten zu unterbrechen. Im Dezember 2023 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken eine dauerhafte Regelung. Patienten können sich demnach telefonisch krankschreiben lassen, wenn sie in der Praxis bekannt sind und keine schweren Symptome aufweisen.

Arbeitgebervertreter sehen in der Regelung jedoch einen Missbrauchsanreiz und fordern eine Rückkehr zur persönlichen Vorstellungspflicht. „Lasst uns zurückkehren zum bewährten Verfahren“, sagte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, der „Rheinischen Post“. Es liege nahe, dass es bei der telefonischen Krankschreibung zu Missbrauch komme.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich für eine Einschränkung der Regelung ausgesprochen. „Man wird für die Krankmeldung zukünftig wieder zum Arzt gehen müssen und das nicht einfach nur telefonisch erledigen können“, sagte Lindner. Er wolle niemandem vorwerfen, die Regelung auszunutzen. Es gebe aber leider „eine Korrelation zwischen dem jährlichen Krankenstand in Deutschland und der Einführung der Maßnahme, die als guter Bürokratieabbau gedacht war“.

Hausärzte-Vertreterin Buhlinger-Göpfarth wies die Vorwürfe des Missbrauchs zurück. „Die Unterstellungen, dass sich die Menschen mithilfe der Telefon-AU einen schlanken Fuß machen, können wir aus unserer täglichen Arbeit nicht bestätigen“, sagte sie. Eine Abschaffung der telefonischen AU würde die Praxen überfordern und die Patientenversorgung gefährden.

Der Krankenstand in Deutschland steuert in diesem Jahr auf einen neuen Höchstwert zu. Experten machen dafür neben zahlreichen Atemwegserkrankungen auch die elektronische Krankschreibung verantwortlich – allerdings vor allem wegen der zuverlässigeren statistischen Erfassung der Krankheitstage. Ob die telefonische Krankschreibung tatsächlich zu dem Anstieg beigetragen hat, ist umstritten.

Quelle: AFP

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