Nach dem überraschenden Ende der Ampel-Koalition hat die Union im Bundestag erstmals mit der rot-grünen Minderheitsregierung für Gesetzesvorhaben gestimmt. Wie die FAZ berichtet, billigte das Parlament am Donnerstag mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU/CSU, FDP und BSW eine Änderung der Rechtslage bei der Vererbung von Bauernhöfen. Ebenfalls beschlossen wurde eine Verlängerung der Telekommunikationsüberwachung bei Wohnungseinbruchsdelikten. Beide Vorhaben waren in einem sogenannten Omnibus-Gesetz miteinander verknüpft.
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte der rot-grünen Koalition bereits im Vorfeld der Neuwahlen im Februar Unterstützung bei dringenden Vorhaben angeboten. Er betonte jedoch, wie ntv berichtet, dass die CDU/CSU nicht zum "Auswechselspieler" für die zerbrochene Koalition werden würde. Die nun verabschiedeten Regelungen waren bereits kurz vor dem Bruch der Ampel-Koalition im Rechtsausschuss des Bundestages vereinbart worden.
Der CDU-Abgeordnete Carsten Müller kritisierte die frühere Ampel-Koalition für die Verzögerungen bei beiden Entscheidungen. Er begrüßte das Ende des "Trauerspiels", wie er es nannte, und betonte die Dringlichkeit der Regelungen. So fehle bei der Höfeordnung ab Januar eine Regelung für Erbfälle in vier Bundesländern, und bei der Telekommunikationsüberwachung wäre die Rechtsgrundlage bereits im Dezember ausgelaufen, wie der Spiegel berichtet.
Die Änderung der Höfeordnung betrifft Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Sie reformiert die Abfindung von Erben, die bei einer Hofübergabe leer ausgehen. Die bisherige Berechnungsgrundlage, der Einheitswert, war vom Bundesverfassungsgericht beanstandet und im Zuge der Grundsteuerreform abgeschafft worden. Die Mindestabfindung beträgt nun das 0,6-Fache des Grundsteuerwerts A.
Die Höfeordnung soll die Zerschlagung von familiengeführten Bauernhöfen verhindern, indem nur ein Familienmitglied den Betrieb erbt und die anderen eine Abfindung erhalten. Diese Regelung gilt jedoch nur in den genannten vier Bundesländern, die nach dem Krieg zur britischen Besatzungszone gehörten. Andere Bundesländer haben eigene Gesetze oder keine Sonderregelung für landwirtschaftliche Betriebe.
Die Telekommunikationsüberwachung bei bestimmten Straftaten wie Banden-, Wohnungs- und schwerem Bandendiebstahl wurde bis zum 1. Januar 2030 verlängert. Der CDU-Vertreter Müller kündigte an, die Union wolle im Falle eines Wahlsiegs die Befristung aufheben und die Überwachung von Telefongesprächen und E-Mails dauerhaft ermöglichen.
Die Restregierung und die Opposition verhandeln derzeit über weitere Gesetze, die vor den Neuwahlen noch beschlossen werden sollen. Dazu gehören unter anderem der Abbau der kalten Progression und der Schutz des Bundesverfassungsgerichts. Komplizierter gestaltet sich die Situation beim Nachtragshaushalt, dem FDP und Union in der aktuellen Form nicht zustimmen wollen.
Die SPD will ihren Kanzlerkandidaten laut Generalsekretär Matthias Miersch erst Ende Januar oder Anfang Februar offiziell nominieren, obwohl es keinen Zweifel daran gibt, dass Olaf Scholz erneut antreten wird. Das Wahlprogramm soll ebenfalls zu diesem Zeitpunkt beschlossen werden. Die Grünen lehnen ein "Geschachere" um den Wahltermin im Austausch für politische Projekte ab und fordern von Scholz eine schnelle Klärung der Vertrauensfrage.
Die Grüne Jugend sorgte mit einem Instagram-Post für Kritik, in dem Friedrich Merz Rassismus und die Ablehnung von Frauenrechten vorgeworfen wurde. Selbst aus den Reihen der Grünen kam Widerspruch zu dieser Darstellung. Der FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich kritisch über eine mögliche Koalition von Union und Grünen und plädierte für eine Rückkehr zur politischen Mitte.
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