September 6, 2024
Unterwasserarchäologie am Arendsee: Geplante Arbeiten an einem historischen Prahmboot

Archäologie unter Wasser: Unterwasserarbeiten am Prahmboot im Arendsee geplant

Im Arendsee, einem der tiefsten natürlichen Seen Norddeutschlands, sind umfangreiche Unterwasserarbeiten an einem rund 800 Jahre alten Prahmboot geplant. Dieses historische Schiff, das in den 1990er Jahren von Sporttauchern entdeckt wurde, liegt in einer Tiefe von 35 Metern und erfordert eine komplexe technische Herangehensweise, um es zu dokumentieren und zu untersuchen.

Das Prahmboot, das aus Eichenholz gefertigt ist und um das Jahr 1265 datiert wird, ist ein Beispiel für die Transporttechnologie des Mittelalters. Ursprünglich war angedacht, das Boot direkt zu heben, doch dieser Plan erwies sich als nicht praktikabel. Stattdessen wird die Hebung in zwei großen Phasen durchgeführt. Im ersten Schritt, der für September 2024 geplant ist, wird das Boot vom Seegrund gelöst und einige Zentimeter angehoben. Diese Maßnahme soll den Wasserdruck, der auf das Boot wirkt, reduzieren, indem er nicht mehr nur von oben, sondern auch von den Seiten kommt. Dies bedeutet eine Entlastung von etwa 1000 Tonnen Wasserdruck.

Für die Hebearbeiten werden vier Saugschlitten eingesetzt, die mit eigenen Pumpen ausgestattet sind. Diese Schlitten werden in Einzelteilen in der Tiefe positioniert und von Tauchern mit Seilzügen unter dem Boot befestigt. Die Durchführung dieser Arbeiten erfordert nicht nur spezialisierte Technik, sondern auch eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen aus Halle und Leipzig, die die notwendigen Geräte und Fachkenntnisse bereitstellen.

Ein wichtiger Bestandteil des Projekts ist der Einsatz eines Unterwasserroboters, der mit Kamera, Licht, Sonar und einem Greifarm ausgestattet ist. Dieser Roboter, entwickelt am Fraunhofer-Institut für Angewandte Systemtechnik, wird als Sicherheitsmaßnahme eingesetzt. Er kann im Notfall eine 8-Liter-Druckluftflasche für die Taucher bereitstellen, was ihn zu einem schnelleren und effizienteren Helfer im Vergleich zu menschlichen Rettungstauchern macht.

Das Team, das an diesem Projekt arbeitet, setzt sich aus 20 Fachkräften zusammen, darunter sechs Tauchspezialisten aus verschiedenen Teilen Deutschlands. Die Sicherheit der Taucher wird durch die DRK Wasserrettung Halle gewährleistet. Das Missionsquartier wird beim Tauchclub Arendsee eingerichtet, von wo aus die Arbeiten koordiniert werden.

Der zweite Schritt der Hebung des Prahmboots ist für April 2025 vorgesehen. In dieser Phase wird das Boot auf eine schwimmende Plattform gehoben, wo hochauflösende Kameras eine 3D-Dokumentation des Fundes erstellen werden. Diese Dokumentation wird nicht nur für die Forschung von Bedeutung sein, sondern auch für mögliche museale Präsentationen, wie Landesarchäologe Harald Meller betont. Er hebt hervor, dass dieser Fund einzigartig ist und eine umfassende Dokumentation für die Nachwelt sichert.

Nach Abschluss der Dokumentation wird das Prahmboot wieder im See versenkt. Es wird mit einem speziellen Vlies abgedeckt und an einem anderen Standort in etwa 20 Metern Tiefe wieder abgesenkt. Diese Maßnahme wird ergriffen, da eine dauerhafte Konservierung des Bootes an Land erhebliche finanzielle Mittel erfordern würde, die momentan nicht zur Verfügung stehen.

Die archäologischen Funde am Arendsee sind nicht nur von historischer Bedeutung, sondern auch von kulturellem Wert. Das Prahmboot wird als Teil des Erbes des Klosters am Arendsee betrachtet, das im 13. Jahrhundert gegründet wurde. Die Verzierungen des Boots, die Tierköpfe wie Bär und Vogel darstellen, sind bisher nur von Hochseeschiffen bekannt und machen diesen Fund besonders bemerkenswert. Archäologen haben auch Hinweise auf die Ladung des Boots gefunden, darunter Getreide und Bauholz, was darauf hindeutet, dass es für den Transport von Gütern und Menschen genutzt wurde.

Die Arbeiten am Prahmboot sind Teil einer umfassenderen Initiative zur Erforschung des Arendsees, die bereits seit zwei Jahrzehnten durchgeführt wird. In den letzten Jahren wurden zahlreiche neue Fundstellen identifiziert, und die laufenden Untersuchungen versprechen, weitere spannende Erkenntnisse über die Geschichte und die Nutzung des Sees zu liefern.

Die bevorstehenden Unterwasserarbeiten am Prahmboot im Arendsee sind ein bedeutendes Projekt, das nicht nur die Technik und das Wissen der modernen Archäologie demonstriert, sondern auch das Engagement der Wissenschaftler und Fachleute, unser kulturelles Erbe zu bewahren und zu dokumentieren.

Quellen: dpa, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

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