19.10.2024
Verschleppung und Gewalt gegen Zivilisten im Ukraine-Konflikt

Verschleppt von Russland: Jagd auf Zivilisten

Im Kontext des anhaltenden Konflikts zwischen Russland und der Ukraine sind Berichte über die Verschleppung ukrainischer Zivilisten durch russische Streitkräfte immer wieder in den Fokus gerückt. Tausende Menschen, darunter auch Kinder, sind in den letzten zwei Jahren in Gefängnissen und geheimen Haftanstalten verschwunden. Die Angehörigen dieser Vermissten haben oft kaum Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.

Ein Beispiel für diese tragischen Schicksale ist das Ehepaar Wolodymyr und Tetjana Horobtzowa aus Cherson. Ihre Tochter wurde vor über zwei Jahren von russischen Soldaten entführt. Trotz ihrer verzweifelten Bemühungen, sie zu finden, bleibt ihr Schicksal ungewiss. In ihrer Verzweiflung reisten die beiden sogar auf die Krim, um beim russischen Inlandsgeheimdienst FSB nach Informationen zu suchen, doch ihre Suche blieb erfolglos.

Ein weiteres Beispiel ist der Lehrer Taras Bukrejew, der auf offener Straße entführt und monatelang in russischer Gefangenschaft misshandelt wurde. Er wurde schließlich freigelassen, ohne zu erfahren, warum. Bukrejews Fall verdeutlicht, dass die Gründe für die Verschleppungen oft willkürlich sind und die Opfer in der Regel keinerlei rechtlichen Schutz genießen.

Die Geschichten von Halyna Chiljuk und ihrem Sohn Dima, der seit seiner Gefangennahme vor zweieinhalb Jahren nicht mehr gesehen wurde, sind ebenfalls symptomatisch für die Situation in der Ukraine. Halyna hält einen kleinen Zettel in der Hand, auf dem Dima versichert, dass es ihm gut geht. Dieser Zettel ist das einzige Lebenszeichen, das sie von ihrem Sohn erhalten hat.

Diese Einzelschicksale sind Teil eines größeren Musters, das sich im Zuge des Krieges herausgebildet hat. Die russischen Streitkräfte scheinen gezielt Zivilisten zu verschleppen, um den Widerstand zu brechen und Angst zu verbreiten. Besonders betroffen sind Aktivisten, Patrioten und Journalisten, die sich gegen die russische Aggression aussprechen. Doch auch viele andere, die von den russischen Soldaten als potenzielle Feinde wahrgenommen werden, sind betroffen.

Die Berichte über die systematische Verschleppung von Zivilisten werfen schwerwiegende Fragen über die Einhaltung des humanitären Völkerrechts auf. Laut internationalen Konventionen sind gezielte Angriffe auf Zivilisten und deren willkürliche Festnahme verboten. Dennoch scheinen diese Regeln im aktuellen Konflikt ignoriert zu werden. Die ukrainische Regierung und verschiedene Menschenrechtsorganisationen haben wiederholt auf diese Praktiken hingewiesen und fordern eine internationale Untersuchung der Vorfälle.

Die Situation wird zusätzlich durch die Berichte über die Verwendung von Drohnen durch die russischen Streitkräfte kompliziert. Diese werden nicht nur gegen militärische Ziele, sondern auch gegen Zivilisten eingesetzt. In der Stadt Beryslaw beispielsweise wurden zwischen September 2023 und Juli 2024 mehr als 120 Drohnenangriffe dokumentiert, bei denen 16 Menschen getötet und über 130 verletzt wurden, allesamt Zivilisten. Diese Angriffe haben das Leben der verbliebenen Einwohner erheblich beeinträchtigt und viele zur Flucht gezwungen.

Die ukrainische Polizei hat den Zugang zu den am stärksten betroffenen Gebieten gesperrt, um die Sicherheit der Ermittler zu gewährleisten. Dennoch haben Berichte von Augenzeugen und Experten darauf hingewiesen, dass die russischen Streitkräfte Drohnen systematisch gegen Zivilisten einsetzen. Diese Angriffe sind nicht nur eine Verletzung des humanitären Völkerrechts, sondern auch ein Zeichen für die Eskalation der Gewalt im Konflikt.

Die internationale Gemeinschaft steht vor der Herausforderung, auf diese Menschenrechtsverletzungen zu reagieren. Der Internationale Strafgerichtshof hat bereits Haftbefehle gegen führende russische Offizielle erlassen, die für die unrechtmäßige Deportation von Zivilisten und insbesondere von Kindern verantwortlich gemacht werden. Berichte über die Zwangsadoption ukrainischer Kinder in Russland haben ebenfalls Besorgnis ausgelöst und werfen Fragen über die langfristigen Auswirkungen dieser Politik auf die ukrainische Gesellschaft auf.

Die Verschleppung von Zivilisten und die gezielten Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind nicht nur Kriegsverbrechen, sondern auch ein Versuch, den Widerstand der ukrainischen Bevölkerung zu brechen. Die Berichte über die Schicksale der Entführten und die anhaltenden Angriffe auf Zivilisten unterstreichen die Dringlichkeit einer internationalen Reaktion und die Notwendigkeit, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Insgesamt zeigt sich, dass der Konflikt in der Ukraine nicht nur ein militärisches, sondern auch ein humanitäres Desaster ist. Die Schicksale der verschleppten Zivilisten sind ein eindringliches Zeugnis für die Grausamkeiten, die im Rahmen dieses Krieges begangen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die internationale Gemeinschaft die notwendigen Schritte unternimmt, um diese Verbrechen zu ahnden und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Quellen: FAZ, DW, ZDF, MDR.

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