Die lang erwartete Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gaza-Krieg ist am Sonntagvormittag mit mehreren Stunden Verspätung in Kraft getreten. Wie das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mitteilte, gilt die Feuerpause seit 10:15 Uhr MEZ. Der ursprünglich für 7:30 Uhr geplante Beginn hatte sich verzögert, da die Hamas zunächst keine Liste mit den Namen der freizulassenden Geiseln übermittelt hatte.
Wie die Tagesschau berichtet, bestand Israel bis zuletzt darauf, dass die Hamas die Namen der drei noch am Sonntag freizulassenden Geiseln übermittelt. Da dies nicht rechtzeitig geschah, setzte die israelische Armee ihre Angriffe im Gazastreifen zunächst fort. Inzwischen hat die Hamas die geforderte Liste jedoch nachgereicht, wie das Büro von Netanjahu bestätigte.
Laut Vereinbarung sollen im Laufe des Sonntags die ersten drei weiblichen israelischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas freikommen. Wie die Zeit unter Berufung auf israelische Angaben meldet, handelt es sich dabei um Zivilistinnen. Das katarische Außenministerium gab bekannt, dass es sich "um drei israelische Staatsbürger" handelt, von denen "eine die rumänische und eine weitere die britische Staatsbürgerschaft" besitzt.
Im Gegenzug sollen etwa 90 palästinensische Gefangene freigelassen und entweder ins besetzte Westjordanland oder nach Gaza gebracht werden, wie der BR berichtet. Ob es wegen des verzögerten Beginns der Waffenruhe bei diesem Zeitplan bleibt, ist noch unklar.
Das zwischen Israel und der Hamas ausgehandelte Abkommen sieht eine Waffenruhe von zunächst 42 Tagen vor. In dieser Zeit sollen insgesamt 33 der 97 im Gazastreifen verbliebenen israelischen Geiseln gegen 1.904 inhaftierte Palästinenser ausgetauscht werden. Zudem ist eine schnelle Verbesserung der Versorgungslage für die Zivilbevölkerung in Gaza vorgesehen.
Wie der ORF meldet, hat das Welternährungsprogramm WFP bereits erste Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen geschickt. Sattelschlepper mit Weizenmehl und Lebensmittelpaketen seien nach Inkrafttreten der Waffenruhe über zwei Grenzübergänge in das Küstengebiet gefahren.
Israels Regierungschef Netanjahu bekräftigte am Vorabend der Waffenruhe, sein Land werde bei einem Scheitern des Abkommens die Kämpfe wiederaufnehmen und alle Kriegsziele durchsetzen, darunter die völlige Zerschlagung der Hamas. Aus Protest gegen die Vereinbarung mit der Hamas kündigte der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir seinen Rücktritt und das Ausscheiden seiner Partei aus der Regierungskoalition an.
Die Waffenruhe soll zunächst für sechs Wochen gelten. In dieser Zeit sollen laut US-Präsident Joe Biden die notwendigen Vereinbarungen für ein dauerhaftes Ende der Kämpfe ausgehandelt werden. Ob dies gelingt, bleibt angesichts des tiefen Misstrauens zwischen beiden Seiten jedoch fraglich.
Quellen: Tagesschau, ZDF, BR, ORF, Deutschlandfunk