27.10.2024
Waffenstillstandsverhandlungen in Doha: Israel setzt Angriffe im Gazastreifen und Libanon fort

Israels Luftwaffe setzt Angriffe im Gazastreifen und Libanon fort - Hoffnung auf Verhandlungen in Doha

Nach dem Vergeltungsschlag Israels gegen den Iran sollen am heutigen Tag in Katar die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg wiederaufgenommen werden. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, wollen sich Vertreter Israels mit Unterhändlern der Vermittlerstaaten Katar, Ägypten und den USA treffen. Am Vorabend hatten in Israel erneut Hunderte Menschen für ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln demonstriert, die sich weiterhin im Gazastreifen in der Gewalt der Hamas befinden. Die israelische Armee setzt derweil ihre Offensive gegen die islamistische Terrororganisation fort.

Bei einem israelischen Angriff im Norden des Gazastreifens sind nach Angaben von örtlichen Behörden mindestens 30 Palästinenser getötet worden. Demnach wurden fünf Häuser in einem Wohngebiet der Stadt Beit Lahia nahe der Grenze zu Israel angegriffen. Es wird vermutet, dass sich noch zahlreiche Menschen unter den Trümmern befinden. Rettungskräfte könnten die Eingeschlossenen aufgrund der anhaltenden Kämpfe nicht erreichen, so die Berichte. Bewohner der umliegenden Häuser würden Verletzte mit Eselskarren oder zu Fuß in Sicherheit bringen. Das israelische Militär hat sich zu den Vorwürfen bislang nicht geäußert. Die Angaben beider Seiten lassen sich in der Regel nicht unabhängig überprüfen.

Wie die israelische Luftwaffe mitteilte, wurde in der Nacht zum Sonntag zudem erneut eine Kommandozentrale der Hamas in der Stadt Gaza angegriffen. Sie habe sich in einem ehemaligen Schulgebäude befunden. Vor dem "präzisen Angriff" seien zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden, um die Gefahr für Zivilisten zu minimieren. Auch diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Seit drei Wochen führt die israelische Armee Offensivoperationen im nördlichen Teil des Gazastreifens durch. Nach palästinensischen Angaben wurden dabei auch Hunderte Zivilisten getötet.

Die israelische Luftwaffe setzte in der Nacht zum Sonntag auch ihre Angriffe auf die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon fort. Wie die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA meldete, nahm Israel erneut südliche Vororte der Hauptstadt Beirut ins Visier. Zuvor hatte ein Sprecher der israelischen Armee die Bewohner zweier Viertel über die Plattform X aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Sie befänden sich in der Nähe von Einrichtungen der Hisbollah, gegen die man in Kürze vorgehen werde. Die Hisbollah-Miliz gehört wie die Hamas zur vom Iran angeführten "Achse des Widerstands" gegen Israel.

Trotz der massiven Militärschläge Israels gegen die Hisbollah setzt die Schiiten-Miliz ihre Angriffe auf den jüdischen Staat fort. Im Laufe des Samstags seien rund 190 Geschosse auf Israel abgefeuert worden, teilte die israelische Armee am späten Abend mit. Kurz darauf heulten im Norden Israels erneut die Warnsirenen. Zwei Drohnen, die vom Libanon aus nach Israel eingedrungen waren, seien über unbewohntem Gebiet abgefangen worden.

In der Nacht zum Samstag hatte Israel den seit Wochen erwarteten Vergeltungsschlag gegen den Iran ausgeführt. Es war die Reaktion auf einen iranischen Angriff am 1. Oktober, bei dem Israel mit rund 200 ballistischen Raketen beschossen worden war. Bei dem israelischen Gegenschlag wurden nach Angaben des iranischen Militärs vier Soldaten getötet. Sie seien bei der "Verteidigung des iranischen Luftraums" gefallen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf eine Mitteilung der Armee.

US-Präsident Joe Biden sprach sich nach dem israelischen Vergeltungsschlag für eine Deeskalation der Lage aus. "Ich hoffe, das ist das Ende", sagte er vor Reportern im Bundesstaat Pennsylvania. Er habe mit Vertretern der Geheimdienste gesprochen, die ihm berichtet hätten, dass sich die israelischen Angriffe offenbar auf militärische Ziele beschränkt hätten. Biden bestätigte zudem Medienberichte, wonach er vorab über die Angriffe Israels informiert worden sei. Die USA sind trotz erheblicher Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Regierungen weiterhin der wichtigste Verbündete Israels.

Nach Darstellung des iranischen Militärs drangen die israelischen Kampfjets bei dem Angriff nicht in den Luftraum der Islamischen Republik ein. Israels Luftwaffe habe vielmehr vom irakischen Grenzgebiet aus luftgestützte Langstreckenraketen auf Ziele im Iran abgefeuert. Dabei seien unter anderem Radarstationen getroffen worden, hieß es in einer Mitteilung des Generalstabs, die von Staatsmedien verbreitet wurde. Die Schäden seien "begrenzt und geringfügig" gewesen. Auch diese Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Die Islamische Republik Iran behalte sich das Recht auf eine angemessene Reaktion zu einem geeigneten Zeitpunkt vor, erklärte der Generalstab der Streitkräfte weiter. In der Mitteilung betonte Irans Militär zudem die Notwendigkeit eines dauerhaften Waffenstillstands in Gaza und im Libanon, "um das Töten schutzloser und unterdrückter Menschen zu verhindern".

Seit der Tötung von Hamas-Chef Jihia al-Sinwar Mitte Oktober im Gazastreifen haben die Unterhändler in der Region wieder etwas mehr Hoffnung, die Verhandlungen über eine Waffenruhe neu in Gang zu bringen. Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, reist dazu am Sonntag in die katarische Hauptstadt Doha. Israel fordert die Freilassung der noch etwa 100 in Gaza festgehaltenen Geiseln.

Einem Bericht der "Times of Israel" zufolge soll ein Beamter aus dem Verhandlungsteam von Mossad-Chef Barnea den Angehörigen der Entführten mitgeteilt haben, dass eine Freilassung der Geiseln ein - derzeit nicht absehbares - Ende des Kriegs gegen die Hamas im Gazastreifen voraussetze. Ausserdem habe Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seiner Verhandlungsdelegation bislang kein ausreichendes Mandat erteilt, um die Gespräche in Doha zu einem substanziellen Ergebnis zu führen.

Bei einer Kundgebung in Tel Aviv kritisierten Redner Netanjahu scharf und warfen ihm vor, die indirekten Verhandlungen zu verschleppen. "Wem willst du jetzt die Schuld geben, nachdem Sinwar tot ist? Den Geiseln?", zitierte die "Times of Israel" die Kritik des Bruders einer Hamas-Geisel.

Der Tod Sinwars "könnte eine Gelegenheit schaffen, um tatsächlich voranzukommen und eine Einigung zu erzielen", hatte US-Außenminister Antony Blinken bei seinem jüngsten Besuch im Nahen Osten gesagt. Bei den Gesprächen hatte es seit Monaten keine Fortschritte gegeben. In Israel gab es Hoffnung, dass sich dies nach der Tötung von Sinwar ändern könnte. Die Hamas beharrt jedoch auf ihren bisherigen Positionen, darunter die Forderung nach einem vollständigen Abzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen und einer Beendigung des Kriegs.

Auslöser des Kriegs war das von Hamas-Terroristen und anderen Extremisten aus Gaza am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübte Massaker, bei dem 1.20

Quellen:

  • https://www.zeit.de/news/2024-10/27/kaempfe-in-gaza-und-im-libanon-hoffnung-auf-geiselgespraeche
  • https://www.tagesspiegel.de/internationales/lage-im-uberblick-kampfe-in-gaza-und-im-libanon-hoffnung-auf-geiselgesprache-12599858.html
  • https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-nahost-donnerstag-196.html
  • https://www.deutschlandfunk.de/israel-gaza-krieg-hamas-iran-hisbollah-100.html
  • https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/unterstuetzung-israel-2228198
  • https://www.zdf.de/nachrichten/thema/nahost-konflikt-102.html
  • https://www.zeit.de/thema/libanon
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