27.10.2024
Wahlniederlage für Japans Regierungspartei LDP

Japanische Wähler strafen die Liberaldemokratische Partei bei Parlamentswahl ab

Die Parlamentswahl in Japan hat ein überraschendes Ergebnis gebracht: Die Liberaldemokratische Partei (LDP), die das Land seit dem Zweiten Weltkrieg fast durchgehend regiert hat, hat deutlich an Zustimmung verloren und wird aller Voraussicht nach keine eigene Mehrheit mehr im Parlament haben. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.) berichtet, hatte der öffentlich-rechtliche Sender NHK sich nach seinen Nachwahlbefragungen bereits früh am Abend darauf festgelegt, dass die LDP keine eigene Mehrheit mehr erreichen würde.

„Wir bekommen ein sehr hartes Urteil von den Wählern“, sagte der japanische Ministerpräsident Shigeru Ishiba am Sonntagabend in einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis. „Die Partei befindet sich in einer sehr schwierigen Situation.“

Die LDP muss für das schlechte Wahlergebnis offenbar die Quittung für einen Spendenskandal hinnehmen, der im vergangenen Winter ans Licht gekommen war. Wie die F.A.Z. weiter berichtet, hatte der Skandal das Vertrauen vieler Japaner in die konservative Partei tief erschüttert. Viele Politiker der LDP und ihre traditionell mächtigen Parteigruppierungen hatten aus Parteiveranstaltungen eingenommene Spenden in Millionenhöhe nicht vollständig deklariert und versteuert.

Besonders bittere Ironie: Ishiba war erst am 1. Oktober vom Parlament mit der Mehrheit der Stimmen seiner LDP und von Komeito zum Ministerpräsidenten gewählt worden, kurz nachdem die LDP ihn zu ihrem neuen Vorsitzenden gekürt hatte. Der bisherige Ministerpräsident Fumio Kishida hatte im August angekündigt, seine politischen Ämter aufzugeben. In den Augen vieler Japaner war sein Umgang mit dem Spendenskandal zu lax.

Opposition will neuen Ministerpräsidenten stellen

Kräftige Zugewinne konnte dagegen die Opposition verbuchen, in erster Linie die Konstitutionell Demokratische Partei (KDP) mit ihrem Spitzenkandidaten Yoshihiko Noda. Auch die Demokratische Volkspartei konnte deutlich mehr Stimmen erlangen als in der vergangenen Wahl im Jahr 2021. Noda war mit dem Slogan „Die beste Reform ist ein Regierungswechsel“ in den Wahlkampf gegangen. Darauf hätten die Wähler eine großartige Antwort gegeben, sagte er in einem Fernsehinterview. Wenn die Stimmen reichten, wolle er alles versuchen, um gemeinsam mit anderen Parteien eine Kooperation für einen gemeinsamen neuen Ministerpräsidenten aufzubauen.

Das Auszählen der Stimmen dauerte auch deswegen ungewöhnlich lange, weil in vielen Wahlkreisen außerordentlich viele Kandidaten antraten. So hatte die LDP vor der Wahl mehreren ihrer Kandidaten die Unterstützung verweigert, weil sie in den Spendenskandal verwickelt waren. Kurz vor der Wahl hatte eine Zeitung indes aufgedeckt, dass die Partei an die lokalen Organisationen dieser Kandidaten dennoch Geld überwiesen hatte. Das hatte für zusätzliche Angriffsfläche im Wahlkampf gesorgt.

Noda: Konservativ genug für enttäuschte LDP-Wähler?

In Person von Noda hatte die eher linksgerichtete KDP einen Kandidaten aufgestellt, der konservativ genug ist, um auch enttäuschte LDP-Wähler abzuwerben. Er war vor zwölf Jahren schon einmal ein Jahr lang Ministerpräsident. Er kam damals wenige Monate nach der Dreifachkatastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Atomunfall in Fukushima ins Amt, musste sich aber bei den nächsten Parlamentswahlen gegen Shinzo Abe geschlagen geben. Noda hatte schon vor den Wahlen davor gewarnt, dass die Vorbereitungszeit zu kurz gewesen sei. Die in mehrere kleine Parteien zersplitterte Opposition hätte womöglich mit mehr Kooperationen noch stärker abgeschnitten.

Quelle: F.A.Z.

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