27.10.2024
Deutsche Wirtschaft zwischen China und Indien Chancen und Herausforderungen in Asien

"Ich habe keine Angst, nach China zu reisen" – Deutsche Wirtschaft und der Balanceakt zwischen China und Indien

Das Spannungsfeld zwischen dem Westen und China wirft Fragen für die deutsche Wirtschaft auf. Wie stark sollte die deutsche Wirtschaft auf China setzen? Welche Rolle spielt Indien als Alternative? In einem Interview mit der F.A.Z. äußert sich Siemens-Chef Roland Busch zu diesen Themen und betont, dass er "keine Angst" vor Reisen nach China habe.

Busch räumt ein, dass der indische Markt für die deutsche Wirtschaft, insbesondere die Automobilindustrie, noch deutlich kleiner ist als der chinesische. Während Siemens in Indien etwa 3 Prozent seines Umsatzes erzielt, erwirtschaftet das Unternehmen in China, das rund 18 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts ausmacht, deutlich höhere Erlöse. "Wenn man auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von Indien und China schaut, wird das Verhältnis klar: rund 2500 Dollar gegen rund 12.000 Dollar, bei gleicher Bevölkerungszahl", so Busch gegenüber der F.A.Z..

Dennoch sieht Busch großes Potential in Indien. Das Land habe durch Investitionen in die Energieversorgung und Infrastruktur die Grundlage für eine hochwertigere Fertigung geschaffen. "Indien holt auf", so Busch. "Zusätzlich drängen etwa zehn bis zwölf Millionen Menschen pro Jahr auf den indischen Arbeitsmarkt, es geht also auch darum, mehr Wertschöpfung ins Land zu bringen." Siemens selbst beschäftigt bereits 30.000 Mitarbeiter in Indien und betreibt dort über 30 Fabriken.

Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage stellt sich die Frage nach einer Verlagerung von China nach Indien und Südostasien. Busch betont jedoch, dass es nicht um ein "Entweder-oder" gehe, sondern um Diversifizierung. "Man sollte China nicht abschreiben", so Busch. "Es geht um Diversifizierung. Das heißt, neue Märkte zu erschließen, ohne die alten aufzugeben." Der asiatisch-pazifische Raum biete mit seiner steigenden Kaufkraft ein enormes Potential.

Auf die Frage, ob er angesichts der politischen Spannungen Bedenken habe, nach China zu reisen, antwortet Busch deutlich: "Ich habe auf jeden Fall keine Angst, nach China zu reisen." Er glaube nicht, dass der Konflikt zwischen China und den USA eskalieren werde. "Da hängt zu viel dran", so Busch. Die wirtschaftliche Verflechtung sei zu stark.

Busch zeigt sich zuversichtlich, dass Deutschland auch in Zukunft eine starke Rolle in der Weltwirtschaft spielen kann. "Wir haben viele starke deutsche Firmen und Technologien", so Busch. Wichtig sei es jedoch, die Herausforderungen im Inland zu bewältigen, wie den Investitionsstau in der Infrastruktur und den Fachkräftemangel.

Quelle: F.A.Z. (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/siemens-chef-busch-ich-habe-keine-angst-nach-china-zu-reisen-110073141.html)

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