Der Zensus 2022 zeichnet ein unerwartetes Bild der Religionslandschaft Bayerns: Entgegen der allgemeinen Annahme liegt der Schwerpunkt des Katholizismus und des Protestantismus nicht in Oberbayern, sondern in Franken. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, weist die oberfränkische Gemeinde Wattendorf im Landkreis Bamberg mit 92,5 Prozent den höchsten katholischen Bevölkerungsanteil in Bayern auf. Das Zentrum des evangelischen Glaubens befindet sich im mittelfränkischen Weigenheim, wo 81,5 Prozent der Einwohner der evangelischen Kirche angehören. Auch die mittelfränkischen Gemeinden Adelshofen und Buch am Wald verzeichnen mit 80,8 bzw. 79 Prozent hohe evangelische Mitgliederzahlen. Auf katholischer Seite folgen Gleiritsch (90,4 Prozent) und Eschlkam (89,8 Prozent) in der Oberpfalz auf den Plätzen zwei und drei.
Diese ausgeprägte konfessionelle Prägung in den ländlichen Regionen Frankens lässt sich auf die historische Herrschaftsstruktur und den geringen Zu- und Wegzug zurückführen, wodurch die konfessionellen Verhältnisse über Jahrhunderte hinweg erhalten blieben. Franken war einst in zahlreiche kleine Territorien unterteilt, die entweder von protestantischen Fürsten oder katholischen Fürstbistümern regiert wurden, wie die ZEIT online am 22. Dezember 2024 berichtete. Diese historische Prägung spiegelt sich bis heute in der konfessionellen Verteilung wider.
Entgegen der landläufigen Meinung spielt Oberbayern im Ranking der katholischsten Gemeinden keine führende Rolle. Erst auf Platz 26 erscheint mit Titting die erste oberbayerische Gemeinde. Selbst der bekannte Marienwallfahrtsort Altötting liegt mit einem katholischen Bevölkerungsanteil von 53,4 Prozent nur im Mittelfeld (Platz 1.288 von 2.056). Marktl, der Geburtsort von Papst Benedikt XVI., schneidet mit 67,6 Prozent (Rang 650) deutlich besser ab.
Generell sind besonders hohe katholische Anteile in kleineren Gemeinden zu beobachten. Im oberen Viertel der Rangliste findet sich mit Haunzenberg nur eine Gemeinde mit mehr als 10.000 Einwohnern. Diese Tendenz zeigt sich, wenn auch weniger ausgeprägt, ebenfalls bei den evangelischen Gemeinden.
In den großen Städten hingegen dominiert keine der beiden großen Konfessionen. In München erreichen beide Kirchen zusammen nur etwas über 37 Prozent, in Nürnberg gut 44 Prozent und in Augsburg knapp 48 Prozent. Dabei stellen die Katholiken in München und Augsburg den größeren Anteil, während in Nürnberg die evangelische Kirche stärker vertreten ist.
Der Drei-Kirchen-Weg, ein Projekt evangelischer Pilgerbegleiterinnen, führt von Neuötting über Altötting nach Garching an der Alz und durchquert damit das katholische Herz Bayerns. Das evangelische Pfarramt „Zum Guten Hirten“ liegt in unmittelbarer Nähe zur Heiligen Kapelle in Altötting, wie das Sonntagsblatt am 28. August 2022 berichtete. Der Drei-Kirchen-Weg gilt als Geheimtipp für Pilgeranfänger und bietet „leichte Feld-, Wald- und Wiesenwege“ (Sonntagsblatt).
Das evangelische Dekanat Traunstein, das sich von Neumarkt St. Veit bis Berchtesgaden erstreckt, umfasst sowohl Urlaubsregionen als auch Industriestandorte. Auch Altötting, oft als einer der katholischsten Orte Bayerns wahrgenommen, gehört zu diesem Dekanat, wie das Sonntagsblatt am 13. September 2021 berichtete. Die Ökumene spielt dort eine wichtige Rolle. Rund 50.000 evangelische Christen leben im Dekanat Traunstein.
Im Landkreis Altötting selbst sind die Kirchenaustritte ein Thema. Die Passauer Neue Presse (PNP) berichtete am 30. Januar 2024 über die Austrittszahlen des Jahres 2023 und die Nachfrage eines Lesers nach den konkreten Zahlen der evangelischen Konfession.
Die evangelische Kirchengemeinde Altötting bietet diverse Veranstaltungen und Informationen an, wie auf ihrer Webseite zu sehen ist.
Der SPIEGEL berichtete am 16. November 1980 über eine Umfrage zum Papstbesuch und die Einstellung der Deutschen zu den Kirchen. Damals sahen viele die Kirchen als Relikte der Vergangenheit.
Quellen: