Zivilschutz: Bunker oder Tiefgarage?
Die Frage nach adäquatem Zivilschutz in Deutschland rückt angesichts des Ukraine-Krieges und jüngster Drohungen aus Russland wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Wie die dpa berichtet, hat Russland nach dem Abfeuern einer Mittelstreckenrakete auf Dnipro Unterstützer der Ukraine mit möglichen Raketenangriffen bedroht. Diese Drohungen haben die Diskussion über den Zustand des Zivilschutzes in Deutschland neu entfacht und die Frage nach der Notwendigkeit von Schutzräumen aufgeworfen.
Derzeit existieren in Deutschland, laut Angaben des Bundesinnenministeriums, noch 579 öffentliche Schutzräume mit etwa 480.000 Plätzen. Dies ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den ursprünglich 2.000 Schutzräumen, die nach dem Ende des Kalten Krieges aufgrund der vermeintlich geringen Kriegsgefahr größtenteils aufgegeben wurden. Die "Zeit" berichtete am 26. November 2024 über die aktuelle Zivilschutz-Debatte in Deutschland und beleuchtete die unterschiedlichen Positionen zu Bunkern und Tiefgaragen als Schutzräume. Der Abwicklungsprozess der Schutzräume wurde im März 2022, nach Beginn des Ukraine-Krieges, gestoppt.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat daraufhin mit einer Bestandsaufnahme der verbliebenen Schutzräume begonnen, um deren Zustand und Nutzbarkeit zu überprüfen. Parallel dazu laufen Planungen für ein nationales Schutzraumkonzept, das in Zusammenarbeit von Bund und Ländern erarbeitet wird. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte jedoch, dass die Fertigstellung dieses Konzepts noch Zeit in Anspruch nehmen wird.
Das geplante Schutzraumkonzept sieht unter anderem eine systematische Erfassung von Gebäuden vor, die als öffentliche Zufluchtsorte dienen könnten. Hierzu zählen neben Tiefgaragen und Kellerräumen auch U-Bahnhöfe. Diese Informationen sollen in einer Datenbank gesammelt und den Bürgern über Warn- und Kartendienste auf dem Smartphone zugänglich gemacht werden. Zusätzlich sind Handlungsempfehlungen zur baulichen Ertüchtigung von Kellern und Informationskampagnen für die Bevölkerung geplant.
Ein großflächiger Neubau von Bunkern scheint derzeit nicht vorgesehen zu sein. Die Bundesregierung verweist in einem Bericht aus dem Februar 2024 auf die "Konzeption Zivile Verteidigung" von 2016, die einen flächendeckenden Schutzraum-Bau als nicht notwendig erachtet. Stattdessen wird auf die Nutzung bestehender Strukturen wie Tiefgaragen gesetzt.
Die Diskussion um den Zivilschutz wird auch auf lokaler Ebene geführt. In Darmstadt beispielsweise befinden sich im Parkhaus Grafenstraße und unter dem Friedensplatz ehemalige Zivilschutzbunker, die nach dem Zweiten Weltkrieg eingerichtet wurden und heute nicht mehr in Betrieb sind. Die DFG-VK Darmstadt dokumentiert die Geschichte dieser Bunker und anderer Zivilschutzanlagen in der Stadt. Ähnliche Anlagen finden sich in vielen deutschen Städten, wie beispielsweise die Zivilschutz-Mehrzweckanlage Hauptbahnhof-Nord in Frankfurt, die auf der Webseite "Geschichtsspuren" dokumentiert ist. Auch in Wertheim wurde eine Tiefgarage als Zivilschutzanlage konzipiert, wie auf "Geschichtsspuren" nachzulesen ist.
Die Umnutzung ehemaliger Bunkeranlagen ist ein weiteres Thema. In Hannover wird ein ehemaliger Zivilschutzbunker unter dem Ernst-August-Platz zu einer Fahrradgarage umgebaut, wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet. In Bochum wurde ein ähnliches Projekt realisiert, bei dem ein ehemaliger Zivilschutzbunker in ein neues Gebäude integriert wurde. Die Webseite "lost-places-360.de" dokumentiert diesen Bunker und bietet virtuelle Touren durch die Anlage an.
Die Diskussion um den Zivilschutz in Deutschland ist komplex und vielschichtig. Es gilt, die verschiedenen Aspekte – von der Verfügbarkeit von Schutzräumen über die bauliche Ertüchtigung bis hin zur Information der Bevölkerung – sorgfältig abzuwägen, um im Ernstfall bestmöglichen Schutz zu gewährleisten.
Quellen:
- https://www.zeit.de/news/2024-11/26/bunker-oder-tiefgarage-zivilschutz-debatte-in-deutschland
- https://dfg-vk-darmstadt.de/Lexikon_Auflage_2/Zivilschutzbunker.htm
- https://www.geschichtsspuren.de/datenbanken/zivilschutzanlagen-verzeichnis/details/6/449-frankfurt-zivilschutz-mehrzweckanlage-hauptbahnhof-nord.html
- https://www.koester.eu/de_de/btref-126-25-999/deutschland%2C+gronau%2C+tiefgarage+und+zivilschutzbunker.html
- https://fragdenstaat.de/anfrage/stadt-munchen-offentliche-schutzraume/
- https://www.geschichtsspuren.de/datenbanken/zivilschutzanlagen-verzeichnis/details/6/1871-wertheim-zivilschutz-mehrzweckanlage-muehlenstr-26.html
- https://www.lost-places-360.de/virtuelle-touren/militaer/zivilschutzbunker-bochum/
- https://www.haz.de/lokales/hannover/ehemaliger-bunker-hannover-bekommt-fahrradgarage-unterm-hauptbahnhof-GSR6KXK7ERHQZL7HWIQPC5FGDE.html
- https://www.koester.eu/de_de/pref-52-1940-999/deutschland%2C+gronau%2C+tiefgarage+und+zivilschutzbunker.html
- dpa