Thüringer Koalitionsvertrag: Lob und Skepsis im Bildungsbereich
Der Koalitionsvertrag der zukünftigen Thüringer Regierung aus CDU, BSW und SPD stößt im Bildungsbereich auf gemischte Reaktionen. Während der Thüringer Lehrerverband ihn als "wahnsinnig gutes Papier" bezeichnet, äußert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erhebliche Bedenken.
Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) meldet, sieht der Lehrerverbandsvorsitzende Tim Reukauf positive Ansätze, insbesondere bei der Bekämpfung des Lehrermangels, der Digitalisierung und der Entbürokratisierung. Die Pläne gingen in die richtige Richtung, ob Thüringen dadurch tatsächlich zum "führenden Bildungsland" werde, müsse die Umsetzung zeigen. "Das sind alles Ziele, wo wir merken, da haben Praktiker mitgearbeitet", so Reukauf gegenüber der dpa.
Der Lehrerverband begrüßt besonders die geplanten Sprachtests vor der Einschulung und die Möglichkeit eines Handyverbots an Grundschulen. Die GEW-Vorsitzende Kathrin Vitzthum sieht die Deutschtests für Fünfjährige im Kindergarten kritisch und fragt nach der Durchführung und Qualifikation der Testenden. Die GEW, die im Gegensatz zum Lehrerverband auch Erzieherinnen und Erzieher vertritt, betrachtet die geplante Verpflichtung von Kindern mit Sprachförderbedarf zu einem Vorschuljahr als rechtliche Herausforderung, da der Kindergartenbesuch in Deutschland freiwillig ist. Sie hinterfragt auch die personellen Ressourcen für die Sprachförderung. Wie die "Zeit" am 26.11.2024 berichtete, heißt es im Koalitionsvertrag: "Wir werden sicherstellen, dass Kinder mit festgestelltem sprachlichen Förderbedarf vor ihrer Einschulung ein verpflichtendes Vorschuljahr (...) in den Kindergärten absolvieren."
Ein weiterer Diskussionspunkt ist das Sitzenbleiben. Die Koalition will es ab der sechsten Klasse wieder in jeder Jahrgangsstufe ermöglichen, der Lehrerverband fordert es bereits ab der zweiten Klasse. Reukauf argumentiert, dass Lernlücken, zum Beispiel im Bruchrechnen, später kaum noch aufzuholen seien. Vitzthum hingegen sieht die Wiedereinführung als pädagogischen Rückschritt.
Vitzthum bewertet das im Koalitionsvertrag festgehaltene Verbot von Bundeswehrwerbung an Thüringer Schulen positiv. Sie kritisiert jedoch ein "Genderverbot durch die Hintertür", da der Vertrag sich auf die Regeln des Rates der deutschen Rechtschreibung beziehe, die keine gendergerechte Sprache vorsehen. Antenne Thüringen berichtet, dass insbesondere die CDU vor der Wahl ein Genderverbot in der Verwaltung und an Schulen gefordert hatte.
Die GEW-Vorsitzende äußert sich zudem besorgt über die Finanzierung der geplanten Abschaffung der Hortgebühren und der Einführung eines kostenlosen Mittagessens in Schulen und Kindergärten. Sie nennt diese Maßnahmen zwar "super", fragt aber nach den finanziellen Mitteln.
Mit dem Koalitionsvertrag haben CDU, BSW und SPD wichtige Schritte zur Regierungsbildung getan. Ausstehend sind noch die Zustimmung der Parteigremien und Mitglieder sowie die Wahl des Ministerpräsidenten.
Quellen:
* dpa (241126-930-299478/1)
* www.zeit.de/news/2024-11/26/lehrerverband-lobt-koalitionsvertrag-gew-skeptisch
* www.antennethueringen.de/p/Lehrerverband-lobt-Koalitionsvertrag-GEW-skeptisch-4qz6NTNrqfc95RZu6Sx3wU
* www.mz.de/panorama/deutsche-serie-liebes-kind-gewinnt-international-emmy-3955788
* www.stern.de/news/?pageNum=5
* www.zeit.de/thema/spd
* www.zeit.de/thema/erfurt
* www.mz.de/panorama