Die Telefonseelsorge erlebt einen deutlichen Zuwachs an Hilfesuchenden. Babette Glöckner, Leiterin der Telefonseelsorge der Diakonie in Hamburg, berichtete der Deutschen Presse-Agentur von einer steigenden Anzahl an Anrufern, die sich mit ihren Problemen an die Einrichtung wenden. „Die Inanspruchnahme der Telefonseelsorge hat deutlich zugenommen, sodass wir zeitweise an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen. Das finde ich beunruhigend“, so Glöckner. Allein in diesem Jahr haben bereits etwa 17.000 Menschen die Hamburger Diakonie um Rat gebeten. (ZEIT ONLINE, 21.12.2024)
Wie auch die Süddeutsche Zeitung berichtet, verstärkt die Weihnachtszeit das Gefühl der Einsamkeit. (Süddeutsche Zeitung, 21.12.2024) Obwohl der Bedarf das ganze Jahr über hoch ist, tritt das eigene Bedürfnis nach Unterstützung in dieser Zeit besonders hervor. Die Sehnsucht nach stabilen Beziehungen und das Gefühl von Isolation werden verstärkt wahrgenommen, erklärt Glöckner. Viele Menschen finden im Alltag kaum noch jemanden, mit dem sie über ihre Probleme sprechen können. Die Telefonseelsorge bietet einen geschützten und anonymen Raum, der für viele zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Auch zunehmender Druck im privaten und beruflichen Bereich spielt eine Rolle. Viele Anrufer schildern eine steigende Arbeitsbelastung, finanzielle Schwierigkeiten, beispielsweise aufgrund von Langzeitarbeitslosigkeit, sowie schwere körperliche und psychische Krankheiten. (ZEIT ONLINE, 21.12.2024)
Als größtes Problem wird die zunehmende Vereinsamung in der Gesellschaft gesehen. Durch fehlende soziale Kontakte entwickeln viele Menschen Unsicherheiten und Ängste im Umgang mit anderen. Zusätzlich zeigt sich, dass intensive Gefühle wie Verletzung, Wut oder Scham immer schwieriger ausgedrückt werden können. Die Reizschwelle sinkt, Wut äußert sich ungefiltert. Manchmal genüge schon eine einfache Frage am Telefon, um einen Schwall von Beschimpfungen auszulösen. Die Fähigkeit, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, nimmt generell ab, und vielen fällt es schwer, ein konstruktives Gespräch zu führen. Dies stellt eine Herausforderung für die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Telefonseelsorge dar, die durch qualifizierte Ausbildung und Supervision aufgefangen werden muss.
Bereits im Dezember 2023 berichtete der MDR über die steigenden Anrufzahlen bei der Telefonseelsorge und die dahinterliegenden Ursachen, darunter Kriege, Krisen, Depressionen und Einsamkeit. (MDR, 23.12.2023) Auch der Jahresbericht der Telefonseelsorge Mittelrhein vom März 2024 betont die Bedeutung von Einsamkeit, Beziehungskonflikten und Erkrankungen als zentrale Anliegen der Anrufenden. (Paulinus Bistumsnews, 26.03.2024) Schon 2020 berichtete das RND über die gestiegene Nachfrage nach Telefonseelsorge während der Pandemie, wobei Einsamkeit, Ängste und depressive Verstimmungen im Vordergrund standen. (RND, 18.11.2020)