19.10.2024
AfD plant Kündigung des MDR-Staatsvertrags - Sender bleibt jedoch optimistisch

AfD will Staatsverträge kündigen - MDR fürchtet trotzdem keine Abschaffung

Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke hat angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs den MDR-Staatsvertrag kündigen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk umbauen zu wollen. Diese Ankündigung hat in Deutschland für reichlich Diskussionen gesorgt. Während die AfD ihre Pläne verteidigt, bleibt der MDR gelassen und sieht keine existenzielle Bedrohung durch die mögliche Kündigung des Staatsvertrags.

Ambitionierte Pläne der AfD

Die Thüringer AfD verspricht, im Falle eines Wahlsiegs den Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) aufzukündigen. Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat in Thüringen, hat deutlich gemacht, dass er den MDR-Staatsvertrag kündigen und den Rundfunkbeitrag abschaffen möchte. Stattdessen plant die AfD, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk über eine Steuer zu finanzieren, die von Medien- und Techfirmen wie Amazon und Netflix erhoben werden soll.

Höcke skizzierte diese Pläne bereits auf dem Parteitag der Thüringer AfD im November 2023 in Pfiffelbach, wo er zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 1. September 2024 gewählt wurde. In seiner Rede stellte er seinen Fünf-Punkte-Plan vor, der unter anderem die Kündigung der Medienstaatsverträge und den Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks umfasst.

Reaktionen des MDR

Der MDR hingegen sieht einer möglichen Kündigung des Staatsvertrags gelassen entgegen. Jens-Ole Schröder, Juristischer Direktor des MDR, erklärte in einem Interview, dass der MDR auch nach einer Kündigung des Staatsvertrages durch Thüringen weiter bestehen würde. Der Sender könne weiterhin aus dem Landesfunkhaus in Erfurt senden und die Rechtsbeziehungen, einschließlich des Eigentums, blieben bestehen.

Schröder betonte, dass der MDR als Zweiländeranstalt für Sachsen und Sachsen-Anhalt weitergeführt werden könnte. Ein Austritt Thüringens würde lediglich bedeuten, dass der MDR nicht länger verpflichtet wäre, sich mit seinen Programminhalten an Zuschauer in Thüringen zu richten. Verboten sei es dem Sender jedoch nicht. „Wir hätten nur nicht mehr den gesetzlichen Auftrag, es zu tun,“ so Schröder.

Juristische Einschätzungen

Juristen, wie Tobias Mast vom Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg, halten die Pläne der AfD für wenig realistisch. Mast erklärt, dass die Kündigung des MDR-Staatsvertrages zwar möglich sei, jedoch erhebliche rechtliche Hürden zu überwinden wären. Eine Kündigung des Staatsvertrages durch Thüringen würde nicht automatisch zur Abschaffung des Rundfunkbeitrags führen, da dieser durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2021 vorläufig abgesichert wurde.

Mast warnt zudem vor weitreichenden Folgen einer Kündigung: „Die Personen, die in Thüringen leben, wären nicht mehr verpflichtet, den MDR mitzufinanzieren.“ Das Fehlen der Thüringer Rundfunkbeiträge, die jährlich rund 160 Millionen Euro betragen, würde den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland finanziell schwächen.

Die Pläne der AfD und ihre Umsetzung

Höcke und die AfD planen, den bisherigen MDR durch einen sogenannten „Grundfunk“ zu ersetzen. Das Budget soll um 90 Prozent gekürzt und der Rundfunkbeitrag abgeschafft werden. Finanziert werden soll der „Grundfunk“ durch eine Steuer, die Medien- und Techfirmen wie Amazon und Netflix zahlen sollen. Diese Pläne stoßen jedoch auf verfassungsrechtliche Bedenken.

Die Thüringer AfD weist die Kritik zurück und behauptet, der öffentlich-rechtliche Rundfunk werde durch den Umbau neutraler. Torben Braga, stellvertretender Landessprecher der AfD, erklärt, dass die Partei das Programm auf Kernaufgaben wie Nachrichten, Regionalsport und Traditionspflege reduzieren wolle. „Wenn die Kosten sich massiv reduzieren, dann kommt man mit kleineren Beträgen aus,“ so Braga. Wie jedoch mit zehn Prozent des jetzigen Budgets überhaupt noch ein Fernseh- und Radioprogramm möglich sein soll, bleibt unklar.

Historische Parallelen

In der Geschichte des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland gab es bereits einmal eine ähnliche Situation. Im Jahr 1978 kündigten die Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Niedersachsen, Gerhard Stoltenberg und Ernst Albrecht, den NDR-Staatsvertrag. Offiziell hieß es zur Begründung, der Sender halte bestimmte Sparziele nicht ein. Tatsächlich ging es den beiden CDU-Politikern um das von ihnen als zu SPD-freundlich bewertete Programm der ARD-Anstalt für Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg. Das Bundesverwaltungsgericht entschied 1980, dass der NDR als Zweiländeranstalt für Niedersachsen und Hamburg fortbestehen und die Kündigung Schleswig-Holsteins wirksam sei.

Ausblick

Obwohl die Thüringer AfD mit ihren Plänen zur Kündigung des MDR-Staatsvertrages und zum Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für Aufsehen sorgt, bleibt abzuwarten, ob und wie diese Pläne umgesetzt werden können. Die rechtlichen Hürden sind hoch und die verfassungsrechtlichen Bedenken zahlreich. Der MDR bleibt gelassen und sieht seine Existenz nicht bedroht.

Die Landtagswahl in Thüringen am 1. September 2024 wird zeigen, ob die AfD ihre Pläne in die Tat umsetzen kann. Bis dahin bleibt der Ausgang ungewiss, und der MDR wird weiterhin seine Programme für die mitteldeutsche Region produzieren, unabhängig davon, ob Thüringen Teil des Staatsvertrages bleibt oder nicht.

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